Wird die Einkommensteuer erstmals nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens festgesetzt, ist der Steuerbescheid dem vormaligen Insolvenzschuldner als Inhaltsadressat bekannt zu geben; eine Bekanntgabe an den vormaligen Insolvenzverwalter kommt nicht mehr in Betracht.

Die erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens festgesetzte Steuerschuld ist auch nicht durch die Restschuldbefreiung entfallen, soweit es sich um eine Masseverbindlichkeit handelt. Die Restschuldbefreiung wirkt nur gegen alle Insolvenzgläubiger (§ 301 Abs. 1 InsO). Insolvenzgläubiger ist, wer nach Maßgabe des § 38 InsO wegen der Erfüllung seiner Forderung auf die Insolvenzmasse verwiesen ist. Die erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens i.S. von § 38 InsO begründeten Steuerforderungen haben, soweit sie ‑wie hier- aus der von der Insolvenzverwalterin fortgeführten Vermietungstätigkeit des Insolvenzschuldners herrühren, insolvenzrechtlich gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO zu Masseverbindlichkeiten geführt. Rechtsfolge davon ist u.a., dass die dem Insolvenzschuldner erteilte Restschuldbefreiung sich nicht auf diese Forderungen erstreckt. Eine teleologische Erstreckung des § 301 InsO auf Masseverbindlichkeiten kommt nicht in Betracht [1].
erfahrensrechtlich setzt das Finanzamt die Steuer, soweit es sich insolvenzrechtlich um eine Masseverbindlichkeit handelt, durch Steuerbescheid fest [2]. Daran ist es auch während der Dauer des Insolvenzverfahrens aufgrund des Insolvenzbeschlags nicht gehindert. Inhaltsadressat des Bescheids ist der Steuerschuldner. Rechtswirkungen gegen die Masse entfaltet der Bescheid nur, wenn er (zumindest auch) dem Insolvenzverwalter als solchem bekannt gegeben worden ist (§ 124 Abs. 1 Satz 1 AO). Auch dies ist im Streitfall bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht geschehen. Ob das Finanzamt den Steuerbescheid vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens auch dem Schuldner bekannt geben dürfte und welche Rechtsfolgen dies hätte, bedarf keiner Entscheidung.
Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens kann das Finanzamt den Steuerbescheid nicht mehr dem Insolvenzverwalter bekannt geben. Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens endet das Amt des Insolvenzverwalters, und die Verfügungsbefugnis über die (verbleibende) Masse fällt an den Schuldner zurück (§ 259 Abs. 1 InsO). Es gibt keine vermögensrechtlich verselbständigte Masse mehr (§ 35 InsO). Wegen vom Insolvenzverwalter nicht erfüllter Masseverbindlichkeiten findet eine Nachtragsverteilung (§ 203 InsO) nicht statt. Wegen aller noch offenen Masseverbindlichkeiten kann ab diesem Zeitpunkt nur noch der Schuldner in Anspruch genommen werden.
Nach diesen Maßstäben kann (und muss) die Einkommensteuer, soweit es sich um eine Masseverbindlichkeit handelt, nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nur noch gegen den Schuldner festgesetzt werden. Der Steuerbescheid ist dem Steuerpflichtigen als Inhaltsadressaten bekannt zu geben (§ 122 Abs. 1 Satz 1 AO).
Bundesfinanzhof, Urteil vom 2. April 2019 – IX R 21/17