Einem Schuldner ist es verwehrt, sich gegen den Antrag eines Gläubigers auf Eröff-nung des Insolvenzverfahrens hauptsächlich mit dem Einwand zu verteidigen, der Antrag sei unzulässig oder unbegründet, und nur hilfsweise für den Fall, dass das Insolvenzgericht den Antrag des Gläubigers für zulässig und begründet hält, einen eigenen Insolvenzantrag verbunden mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung zu stellen.

Als Prozesshandlungen sind Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach den allgemeinen Regeln grundsätzlich bedingungsfeindlich. Zwar gilt auch für Insolvenzanträge die weitere auf Prozesshandlungen allgemein anzuwendende Regel, dass sie an eine bloße innerprozessuale Bedingung geknüpft werden und deshalb hilfsweise für den Fall zur Entscheidung gestellt werden können, dass ein bestimmtes innerprozessuales Ereignis eintritt. Von einer solchen bloß innerprozessualen Bedingung, die etwa vorliegt, wenn der Antrag auf Verfahrenseröffnung an die Stundungsbewilligung geknüpft wird, ist aber nicht auszugehen, wenn der Schuldner den mit einem Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbundenen Restschuldbefreiungsantrag nur hilfsweise für den Fall stellt, dass das Insolvenzgericht den Antrag eines Gläubigers für zulässig und begründet hält. Ein Vorrangverhältnis, wie es innerhalb eines bestehenden Prozessrechtsverhältnisses bei einer eventuellen Klagehäufung dann als unbedenklich angesehen wird, wenn die Antragstellung vom Ergebnis der Sachentscheidung des Gerichts über den Hauptanspruch abhängig sein soll, kommt zwischen verschiedenen Insolvenzanträgen nicht in Betracht. Der Schuldner muss sich deshalb entscheiden, ob er dem Gläubigerantrag entgegentritt oder ob er sich dessen Antrag mit einem eigenen unbedingten Antrag anschließt. Er kann nicht in erster Linie geltend machen, gar nicht insolvent zu sein, und nur hilfsweise, für den Fall, dass das Insolvenzgericht die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens feststellt, einen eigenen Insolvenzantrag stellen. Es ist widersprüchlich und stellt keine bloße innerprozessuale Verknüpfung dar, wenn der Schuldner auf den Gläubigerantrag einwendet, ein Insolvenzgrund liege nicht vor, in zweiter Linie jedoch einen eigenen Antrag stellt, mit dem er vorträgt, ein Eröffnungsgrund sei doch gegeben, sofern das Insolvenzgericht den Gläubigerantrag für begründet erachte.
Über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Schuldners kann nur einheitlich entschieden werden; die Grundsätze des prozessualen Vorrangs sind nicht anwendbar. Mehrere gleichzeitig anhängige Insolvenzanträge sind spätestens mit Verfahrenseröffnung miteinander zu verbinden. Geschieht dies nicht, sind die übrigen Anträge, auf die keine Eröffnung erfolgt ist, für erledigt zu erklären. Anträge, über die mangels Verbindung nicht entschieden worden ist, werden unzulässig.
Diese Grundsätze gelten auch, wenn der Schuldner aufgrund eines Hinweises nach § 20 Abs. 2 InsO vor die Wahl gestellt wird, entweder seine Einwendungen gegen den Gläubigerantrag zu verfolgen oder selbst einen Eigenantrag zu stellen. Der Schuldner muss sich eindeutig entscheiden, ob er es auf die Entscheidung über den Antrag des Gläubigers ankommen lässt oder ob er von der Möglichkeit eines Eigenantrags Gebrauch macht. Im Hinblick darauf hat der Bundesgerichtshof es abgelehnt, die knapp bemessene Ausschlussfrist des § 287 Abs. 1 Satz 2 InsO auf den Eigenantrag zu übertragen. Dem Schuldner soll durch eine angemessene richterliche Frist, die im Bedarfsfall noch verlängert werden kann, ausreichend Zeit gegeben werden, den Rat eines Rechtsanwalts oder Wirtschaftsprüfers dazu einzuholen, ob er dem Gläubigerantrag entgegentreten oder sich diesem anschließen will, um Restschuldbefreiung zu erlangen. Wenn der Schuldner den Eigenantrag hilfsweise stellen könnte, wäre er dieses Entscheidungsdrucks enthoben und es hätte für die Einräumung einer längeren Frist keine Notwendigkeit bestanden. Zu berücksichtigen ist weiterhin die vom Gesetz vorgesehene Verknüpfung zwischen dem Eigeninsolvenzantrag und dem Restschuldbefreiungsantrag. Diese hat ihren Sinn darin, dass der Schuldner in seinem Eigenantrag den Eröffnungsgrund einräumt und sich bereit erklärt, sein verbleibendes Vermögen den Gläubigern zur gemeinschaftlichen Befriedigung zur Verfügung zu stellen. Der Schuldner, der nur hilfsweise einen Eigenantrag stellt, räumt gerade nicht den Eröffnungsgrund ein.
Eine Aussetzung des Verfahrens, um dem Schuldner Gelegenheit zu geben, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Antrag des Gläubigers einen Eigenantrag zu stellen, kam aus mehreren Gründen nicht in Betracht. Zum einen kann nach Verfahrenseröffnung kein zulässiger Eröffnungsantrag mehr gestellt werden. Zum anderen sind die Vorschriften über die Aussetzung im Insolvenzverfahren unanwendbar. Auch für die Anwendung des § 306 Abs. 1 Satz 1 InsO war nach Eröffnung des Insolvenz-verfahrens kein Raum mehr.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11. März 2010 – IX ZB 110/09