Der Pflichtteilsanspruch – und die Insolvenzverwaltervergütung

Ein Pflichtteilsanspruch, zu dessen Verfolgung der Schuldner den Treuhänder oder Insolvenzverwalter ermächtigt hat, erhöht die Berechnungsgrundlage für dessen Vergütung, auch wenn der Anspruch noch nicht durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist.

Der Pflichtteilsanspruch – und die Insolvenzverwaltervergütung

Der Pflichtteilsanspruch des Schuldners entstand mit dem Erbfall, hier mithin während des Insolvenzverfahrens. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehörte er ab diesem Zeitpunkt zum Vermögen des Schuldners und damit zur Insolvenzmasse, denn der Anspruch war – wenn auch in seiner zwangsweisen Verwertung aufschiebend bedingt durch seine vertragliche Anerkennung oder Rechtshängigkeit – pfändbar (§ 36 Abs. 1 InsO, § 852 Abs. 1 ZPO). Ob ein Pflichtteilsanspruch deshalb stets schon ab dem Zeitpunkt seines Entstehens die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Insolvenzverwalters erhöht oder ob dies erst dann der Fall ist, wenn der Anspruch anerkannt oder rechtshängig wird, weil er vorher nicht zugunsten der Insolvenzmasse realisiert werden kann, braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn der Schuldner hatte im vorliegenden Fall den Insolvenzverwalter alsbald nach dem Erbfall und lange vor dessen Entlassung ermächtigt, den Pflichtteilsanspruch gegenüber der Erbin geltend zu machen und ihn zur Masse einzuziehen. Damit hat er auf den Schutz verzichtet, den ihm die Regelung in § 852 Abs. 1 ZPO wegen des persönlichen Charakters der Entscheidung über die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs gewährt.

Im Regelfall berechnet sich die Vergütung des Insolvenzverwalters wie auch diejenige des Treuhänders nach dem Wert der Insolvenzmasse, auf die sich die Schlussrechnung bezieht (§ 1 Abs. 1 Satz 1, § 10 InsVV). Wird das Verfahren nach Bestätigung eines Insolvenzplans aufgehoben oder durch Einstellung vorzeitig beendet, ist die Vergütung nach dem Schätzwert der Masse zum Zeitpunkt der Beendigung des Verfahrens zu berechnen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 InsVV). In entsprechender Wertung muss dann, wenn die Tätigkeit des Treuhänders durch seine vorzeitige Entlassung endet, die Vergütung nach dem Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Entlassung ermittelt werden. Bezogen auf diesen Zeitpunkt kann im vorliegenden Fall allerdings der Pflichtteilsanspruch des Schuldners nicht mit seinem vollen Nominalbetrag bewertet werden. Wie sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung über die vom Insolvenzverwalter erhobene Stufenklage ergibt, bestanden rechtlich begründete Zweifel daran, ob der Anspruch noch durchsetzbar oder bereits vor Einreichung der Klage im Juni 2008 verjährt war. Die eigens einberufene Gläubigerversammlung stimmte aus diesem Grund dem Abschluss des vom Gericht vorgeschlagenen Vergleichs über eine Zahlung der Erbin in Höhe von 7.500 € zu. Der tatsächliche Wert des Pflichtteilsanspruchs kann unter diesen Umständen lediglich mit dem Betrag von 7.500 € angenommen werden.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11. Juni 2015 – IX ZB 18/13