Die Mitwirkung des vertraglich eingesetzten Erben an der Aufhebung seiner Erbeinsetzung ist höchstpersönlich und kann im Insolvenzverfahren nicht angefochten werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum erbrechtlichen Erwerb im Insolvenzverfahren kann der Insolvenzverwalter weder die in einem zweiten Erbvertrag vereinbarte Aufhebung der im ersten Erbvertrag erfolgten Erbeinsetzung der Schuldnerin noch ihre Mitwirkung am zweiten Erbvertrag noch die Erbeinsetzung der Schuldnerin als Nacherbin anfechten.
In dem vorliegend vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall haben die Vertragsparteien in dem zweiten Erbvertrag die Erbeinsetzung der Schuldnerin in dem vorangegangenen Erbvertrag aufgehoben und desweiteren – mit erbvertraglicher Bindung (vgl. § 2290 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB) – die Schuldnerin zur nicht befreiten Vorerbin eingesetzt. Ferner hat die Erblasserin die Schuldnerin zur Nacherbin berufen. Erst durch diese einseitige letztwillige Verfügung (§ 2299 Abs. 1 BGB) hat die Schuldnerin die Rechtsstellung erlangt, die der Insolvenzverwalter gemäß § 143 Abs. 1 InsO für die Masse beansprucht.
Anfechtungsrechtlich könnte dieses Geschehen unbeachtlich sein. Erwächst der Rückgewährsanspruch aus mehreren Handlungen, teilweise auch unter Einschaltung Dritter, kann eine einzige Rechtshandlung vorliegen. Da der wirtschaftliche Vorgang vollständig und richtig zu erfassen ist, darf eine einheitlich angelegte Vermögenszuwendung nicht sinnentstellend in verschiedene Einzelteile zerlegt werden.
Wegen der vom ersten Erbvertrag ausgehenden Bindungswirkung (§ 2290 Abs. 1 Satz 1, § 2291 Abs. 1 Satz 1 BGB) konnte die Schuldnerin die streitige Rechtsstellung als Nacherbin grundsätzlich nur infolge des Einvernehmens von Schuldnerin und Erblasserin erlangen. War die Aufhebung des ersten Erbvertrages anfechtungsfest, unterliegt in der Insolvenz der Schuldnerin auch die hierdurch erst ermöglichte einseitige letztwillige Verfügung der Erblasserin nicht der Insolvenzanfechtung, weil es sich hierbei aus der Sicht der künftigen Masse nur um einen weiteren Teilakt eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs handelt, an dessen Ende die Verlagerung eines Teils der erbrechtlichen Anwartschaft von der Schuldnerin auf die Schuldnerin steht.
Dies ist hier der Fall. Die Aufhebung der Erbeinsetzung in dem zweiten Erbvertrag unterfällt nicht der Insolvenzanfechtung, weil es sich um eine höchstpersönliche Entscheidung der Schuldnerin handelt. Dies ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Annahme oder Ausschlagung von Erbschaften und Vermächtnissen sowie zur Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen. Die hierzu entwickelten Grundsätze gelten auch für die Entscheidung der Schuldnerin, der Aufhebung eines Erbvertrages zuzustimmen, durch den sie zur Erbin eingesetzt wird.
Die Grundsätze des erbrechtlichen Erwerbs im Insolvenzverfahren sind im Wesentlichen geklärt.
Ist der Schuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder während des Verfahrens Erbe geworden, fällt der Nachlass bis zur Annahme oder zur Ausschlagung (§§ 1942 ff BGB) vorläufig in die Masse (§ 1922 Abs. 1 BGB, § 35 Abs. 1 InsO). Die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft steht wegen ihrer höchstpersönlichen Natur ausschließlich dem Schuldner zu (§ 83 Abs. 1 InsO). Die wirksame Ausschlagung beseitigt den Anfall der Erbschaft von Anfang an (§ 1953 Abs. 1 BGB). Hat der Erbe die Erbschaft angenommen, kann er sie gemäß § 1943 BGB nicht mehr ausschlagen, es tritt hinsichtlich der Erbschaft Vollerwerb ein. Ab diesem Zeitpunkt ist der Nachlass endgültig Bestandteil der Insolvenzmasse, aus der die Nachlassgläubiger und die Eigengläubiger des Erben (Erbengläubiger) zu befriedigen sind, sofern nicht eine Trennung der Vermögensmassen durch Insolvenzverwalter, Erben oder Nachlassgläubiger herbeigeführt wird.
Die Ausschlagung einer Erbschaft ist der Insolvenzanfechtung entzogen, auch wenn der Ausschlagende im Einvernehmen mit dem an seine Stelle tretenden Erben mit dem Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung gehandelt hat. Denn die Anfechtung würde im Widerspruch zu der Regelung des § 83 Abs. 1 InsO stehen und die gesetzgeberische Entscheidung außer Kraft setzen. Wenn aber die Ausschlagung einer bereits angefallenen Erbschaft nicht anfechtbar ist, kann noch weniger der Erbverzicht (§§ 2346 ff BGB) anfechtbar sein. Denn der Verzichtende gibt – bezogen auf die Erbenstellung – noch nicht einmal eine vorläufige Rechtsposition auf, sondern nur die Aussicht auf ein künftiges Erbrecht. Aus den nämlichen Gründen begeht der Erbe auch keine Obliegenheitsverletzung nach § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO, wenn er die ihm in der Wohlverhaltensperiode angefallene Erbschaft ausschlägt.
Entsprechendes gilt für den Vermächtnisnehmer. Seine Forderung kommt – wenn der Erblasser nichts anderes bestimmt hat – mit dem Erbfall zur Entstehung (§ 2176 BGB) und fällt in die Masse. Der Vermächtnisnehmer kann das Vermächtnis jedoch – wie der Erbe die Erbschaft – annehmen oder ausschlagen (§ 2180 BGB). Auch dieses Recht steht als höchstpersönlichem Recht in seiner Insolvenz allein dem Schuldner zu (§ 83 Abs. 1 InsO). Die Ausschlagung des Vermächtnisses ist ebenso wenig anfechtbar wie der Verzicht auf das Vermächtnis. Auch die Ausschlagung des Vermächtnisses und der Verzicht stellen folgerichtig keine Obliegenheitsverletzung im Sinne von § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO dar.
Der Anspruch auf den Pflichtteil (§ 2303 BGB) entsteht ebenfalls mit dem Erbfall (§ 2317 Abs. 1, § 1922 Abs. 1 BGB). Von diesem Zeitpunkt an gehört er zum Vermögen des Pflichtteilsberechtigten. Gleichwohl ist § 852 Abs. 1 ZPO so zu verstehen, dass vor der Anerkennung des Pflichtteilsanspruchs durch den Erben oder der Rechtshängigkeit des Anspruchs die Gläubiger des Pflichtteilsberechtigten den in seiner zwangsweisen Verwertbarkeit aufschiebend bedingten Pflichtteilsanspruch nur pfänden, nicht jedoch auf sich überweisen lassen können. Als pfändbares Vermögen gehört der Anspruch nur vorläufig zur Insolvenzmasse (§ 35 Abs. 1, § 36 Abs. 1 InsO).
Wegen der familiären Verbundenheit zwischen dem Erblasser und dem Pflichtteilsberechtigten ist allein diesem die Entscheidung darüber vorbehalten, ob der Anspruch gegenüber dem Erben durchgesetzt werden soll. Dieses persönliche Entscheidungsrecht des Schuldners darf nicht durch Anwendung der Anfechtungsvorschriften unterlaufen werden. Deswegen stellt der Verzicht auf die Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs in der Wohlverhaltensphase ebenfalls keine Obliegenheitsverletzung des Schuldners dar.
Die vorgenannten Grundsätze gelten auch im vorliegenden Fall, in welchem die Schuldnerin der Aufhebung ihrer erbvertraglichen Einsetzung zur Erbin zugestimmt hat. Auch diese Erklärung ist höchstpersönlicher Natur; auch ihre Wirkungen dürfen nicht durch die anfechtungsrechtliche Rückgewähr (§ 143 Abs. 1 InsO) unterlaufen werden.
Durch ihr Mitwirken an dem zweiten Erbvertrag hat die Schuldnerin auf ihre unbeschränkte Erbeinsetzung verzichtet und sich zur nicht befreiten Vorerbin (§§ 2112 ff BGB) und ihre Tochter, die Schuldnerin, zur Nacherbin (§ 2100 BGB) einsetzen lassen. Zwar ist sie als Vorerbin nach dem Erbfall Inhaberin des Nachlasses und kann damit über die zur Erbschaft gehörenden Gegenstände verfügen, allerdings nur unter den Einschränkungen der §§ 2113 bis 2115 BGB. Insbesondere ist eine Verfügung über einen Erbschaftsgegenstand, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt, im Falle des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde (§ 2115 Satz 1 BGB). Die Veräußerung ist dem Insolvenzverwalter überdies durch § 83 Abs. 2 InsO ausdrücklich untersagt. Ihm ist untersagt, die Insolvenzgläubiger mit Mitteln des Nachlasses zu befriedigen, die vom Vorerben eingegangenen Verbindlichkeiten zur Veräußerung bestimmter Nachlassgegenstände zu erfüllen sowie Verfügungen zu treffen, die den §§ 2113, 2114 BGB widersprechen. Er kann nur die Erbschaftsnutzungen verwerten. Der Insolvenzverwalter kann deswegen das in die Masse gefallene, ererbte Grundstück nicht zugunsten der Masse durch Veräußerung verwerten.
Dennoch kann der Insolvenzverwalter den zweiten – für die Masse nachteiligen – Erbvertrag oder die Mitwirkung der Schuldnerin an ihm nicht anfechten, wie er auch einen Erbverzicht gemäß §§ 2346 ff BGB nicht anfechten könnte. Zwar hatte die Schuldnerin als Vertragserbin anders als der gesetzliche oder der testamentarische Erbe – bezogen auf die Erbenstellung – eine geschützte Rechtsposition; die Erblasserin konnte ihr die Erbenstellung ohne ihr Mitwirken nicht mehr entziehen. Demgegenüber haben der gesetzliche und der testamentarische Erbe nur eine Aussicht auf ein künftiges Erbe; der Erblasser kann weiterhin jederzeit von Todes wegen über den Nachlass verfügen und jemand anderen zum Erben berufen. Doch ist der Verzichtende beim Erbverzicht nach § 2346 Abs. 1 Satz 2 BGB zudem von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, wie wenn er zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebte; er hat kein Pflichtteilsrecht. Mithin gibt zumindest der gesetzliche Erbe beim Erbverzicht unanfechtbar eine geschützte Rechtsposition auf, die ihm der Erblasser ebenfalls nicht ohne weiteres entziehen könnte, nämlich das Pflichtteilsrecht. Ebenso verzichten der gesetzliche und der testamentarische Erbe mit der – ebenfalls nicht anfechtbaren – Erbausschlagung auf das ihnen sogleich mit dem Erbfall angefallene Vermögen (§ 1922 Abs. 1 BGB), auch wenn § 1953 Abs. 1 BGB sie so behandelt, als wäre mit der Ausschlagung der Anfall der Erbschaft nicht erfolgt. Der Pflichtteilsberechtigte hat ebenfalls ähnlich wie der Vertragserbe eine geschützte Rechtsstellung. Auch ihm kann sein Pflichtteilsanspruch nicht ohne weiteres streitig gemacht werden. Dennoch ist anerkannt, dass der Verzicht des Pflichtteilsberechtigten auf die Geltendmachung seines Pflichtteils als höchstpersönliches Recht nicht anfechtbar ist.
Danach unterscheidet sich die Stellung des Vertragserben, der nach § 2290 Abs. 1 BGB an der Aufhebung seiner Erbeinsetzung mitwirkt, nicht wesentlich von dem Erben, der die Erbschaft ausschlägt, auf die Erbschaft verzichtet, gegebenenfalls mit der Wirkung, dass er seinen Pflichtteilsanspruch verliert, oder von dem Vermächtnisnehmer, der das Vermächtnis ausschlägt, und dem Pflichtteilsberechtigten, der seinen Anspruch gegen den Erben nicht geltend macht. Er ist deswegen nicht anders zu behandeln. Auch er trifft mit der Mitwirkung an den Aufhebungsvertrag nach § 2290 BGB eine höchstpersönliche Entscheidung, ob und inwieweit er Erbe sein will.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. Dezember 2012 – IX ZR 56/12