Die angestellte Rechtsanwältin als Insolvenzverwalterin

Eine vertragliche Abrede über die Vorausabtretung der Insolvenzverwaltervergütung angestellter Rechtsanwälte an ihre Arbeitgeberkanzlei ist mit den Grundsätzen der Insolvenzverwaltervergütung und der persönlichen Stellung des Insolvenzverwalters vereinbar. 

Die angestellte Rechtsanwältin als Insolvenzverwalterin

In dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Streitfall schloss die klagende Rechtsanwaltskanzlei mit der bei ihr angestellten Rechtsanwältin folgende Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag:

„Die Rechtsanwältin ist berechtigt, sich auch als Gutachterin, vorläufige Insolvenzverwalterin, Insolvenzverwalterin, Treuhänderin etc. sowie Zwangsverwalterin bestellen zu lassen.

Sämtliche Tätigkeiten der vorgenannten Art werden ausschließlich auf Rechnung der Gesellschaft ausgeführt. Von der Rechtsanwältin beantragte Vergütungen tritt diese hiermit im Voraus an den Arbeitgeber ab. …

Für die Haftpflichtfälle wird die Arbeitnehmerin im Innenverhältnis freigestellt, soweit nicht die Haftpflichtversicherung den Schaden deckt.“

Nachdem die Klägerin das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zum 31. Oktober 2012 gekündigt hatte, verlangte sie von dieser die Auskehrung der Insolvenzverwaltervergütungen für noch im bestehenden Arbeitsverhältnis begonnene, aber erst ab November 2012 abgeschlossene Insolvenzverfahren. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass solche Insolvenzverwaltervergütungen von der Abrede nicht erfasst würden.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat der Klage der Rechtsanwaltskanzlei gegen ihre ehemalige Angestellte in der Berufungsinstanz teilweise stattgegeben[1]. Die hiergegen gerichtete Revision der Anwältin hatte vor dem Bundesarbeitsgericht weit überwiegend Erfolg, die Revision der Anwaltskanzlei war dagegen erfolglos:

Die Parteien haben mit der streitbefangenen Klausel nur die Vorausabtretung von Insolvenzverwaltervergütungen geregelt, die noch im bestehenden Arbeitsverhältnis beantragt wurden. In dieser Auslegung ist die Vereinbarung wirksam, insbesondere steht sie nicht im Widerspruch zu der persönlichen Stellung des Insolvenzverwalters und ist nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Eine – rechtlich grundsätzlich mögliche – Abtretungsvereinbarung über Insolvenzverwaltervergütungen für begonnene, aber erst nach dem Ausscheiden der angestellten Rechtsanwältin aus dem Arbeitsverhältnis von dieser abgeschlossene Insolvenzverfahren enthält die hier vereinbarte Abtretungsklausel dagegen nicht. Eine solche folgt auch nicht aus einer ergänzenden Vertragsauslegung, da mehrere gleichwertige Möglichkeiten zur Schließung einer etwaigen planwidrigen Regelungslücke in Betracht kommen.

Andere Anspruchsgrundlagen, die die ehemalige Angestellte verpflichteten, nach dem 1. November 2012 beantragte Insolvenzverwaltervergütungen an ihre ehemalige Arbeitgeberin auszukehren, bestehen nicht. Dementsprechend hat die Anwaltskanzlei allein für ein noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses zu Ende geführtes Insolvenzverfahren Anspruch auf die von der Rechtsanwältin erhaltene Insolvenzverwaltervergütung. 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. Oktober 2020 – 6 AZR 566/18

  1. LAG Berlin-Brandenburg, 29. November 2018 – 18 Sa 25/15[]