Die Vorsatzanfechtung gegenüber einem Leistungsmittler setzt nicht die Anfechtbarkeit der Leistung auch gegenüber dem Leistungsempfänger voraus. Die für die Vorsatzanfechtung von Zahlungen des Schuldners an Dritte gegenüber seiner kontoführenden Bank als Leistungsmittlerin erforderliche Kenntnis der Bank vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners liegt nicht allein deshalb vor, weil die Bank die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kennt.

Eine Vorsatzanfechtung ist grundsätzlich auch gegenüber einem Leistungsmittler möglich, der auf Weisung des Schuldners dessen mittelbare Leistung an einen Dritten erbringt entschieden. Unter welchen Voraussetzungen eine solche Anfechtung möglich ist hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 26. April 2012 geklärt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann im ungekündigten Kontokorrentverhältnis die Herstellung der Aufrechnungslage als kongruente Erfüllung der Kontokorrentabrede zu werten sein. Dies eröffnet den Weg zum Bargeschäftseinwand nach § 142 InsO, der durchgreift, soweit die Bank dem Schuldner aufgrund der Kontokorrentabrede allgemein gestattet, den durch die Gutschriften eröffneten Liquiditätsspielraum wieder in Anspruch zu nehmen, wenn und soweit der Schuldner den ihm versprochenen Kredit auch tatsächlich wieder abruft. Dient die erneute Inanspruchnahme des Kredits der Erfüllung von Forderungen von Fremdgläubigern, ist die Deckungsanfechtung einzelner Gutschriften mit dem Ziel, den Gegenwert nach § 143 Abs. 1 InsO zur Masse zu ziehen, ausgeschlossen. Anfechtbar ist dann nur die Rückführung des ausgereichten Dispositionskredits, zu dem es dadurch kommt, dass die Summe der in das Kontokorrent eingestellten Einzahlungen die der fremdnützigen Auszahlungen übersteigt.
Im vorliegenden Revisionsverfahren geht es nur noch um solche Gutschriften, bei denen der Bargeschäftseinwand greift, die also nur unter den Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar sind.
Im Streitfall können die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung gemäß § 129 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO derzeit nicht ausgeschlossen werden. Danach sind Rechtshandlungen anfechtbar, welche die Insolvenzgläubiger benachteiligen, wenn sie der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat und der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.
Mit Urteil vom 26.04.2012 hat der Bundesgerichtshof zwischenzeitlich die Grundsätze festgelegt, die im Verhältnis zum uneigennützigen Treuhänder gelten, der ihm überlassene Geldbeträge vereinbarungsgemäß an bestimmte Gläubiger weiterleitet. Diese Grundsätze gelten auch im Verhältnis zur Schuldnerbank, die dem Schuldner im Rahmen eines eingeräumten, ungekündigten Kontokorrentkredits gestattet, über eingegangene Beträge zugunsten Dritter erneut zu verfügen.
Die Überweisungen des Schuldners an Dritte und seine Genehmigungen von Lastschriften Dritter im Rahmen der offenen Kreditlinie eines Kontokorrentkredits haben infolge des Vermögensabflusses eine objektive Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO bewirkt. Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, sich also die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten.
Die Gläubigerbefriedigung mit Mitteln eines zuvor eingeräumten und vom Schuldner abgerufenen Dispositionskredits stellt nicht lediglich, wie die Revisionserwiderung meint, einen masseneutralen Gläubigertausch dar, sondern bewirkt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Gläubigerbenachteiligung. Dies steht in Übereinstimmung mit dem Grundsatz, dass die abtrennbaren Wirkungen anfechtbarer Rechtshandlungen bei Prüfung der objektiven Gläubigerbenachteiligung gemäß § 129 Abs. 1 InsO einzeln zu betrachten sind. Hieran etwas zu ändern, bietet der Fall keinen Anlass.
Der Umstand, dass die Zahlungen auch gegenüber den Zahlungsempfängern anfechtbar sein können, hindert eine Anfechtung gegenüber der Klägerin als Zahlungsmittlerin nicht. Der Zahlungsmittler ist nicht schutzwürdig, wenn er sich infolge seiner Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners die in der Zahlung an Dritte liegende Gläubigerbenachteiligung zurechnen lassen muss. Denn durch die Ausführung eines vorsätzlich gläubigerbenachteiligenden Zahlungsauftrages wird der Leistungsmittler, der hierüber im Bilde ist, nicht entlastet. Er ist unter diesen Umständen gegebenenfalls neben dem Zahlungsempfänger gesamtschuldnerisch zur Rückgewähr des weggegebenen Geldes verpflichtet. Allerdings kann er den Empfänger möglicherweise im Wege des Gesamtschuldnerausgleiches auf Regress in Anspruch nehmen. Umgekehrt schließt jedoch der Umstand, dass die Leistung gegenüber dem Zahlungsempfänger nicht anfechtbar ist, eine Anfechtung gegenüber dem Leistungsmittler nicht aus. Dieser hat dann allerdings keinen Regressanspruch. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist es deshalb nicht erforderlich, dass für eine Anfechtung gegenüber dem Leistungsmittler auch die Voraussetzungen der Anfechtung gegenüber dem Leistungsempfänger gegeben sind. Beide Anfechtungsmöglichkeiten sind voneinander unabhängig.
Der Schuldner muss bei Erteilung der Überweisungsaufträge nicht das Bewusstsein gehabt haben, die Bank wegen der Verrechnungsmöglichkeit mit den Zahlungseingängen zu bevorzugen. Hierauf kommt es nicht an.
Der Schuldner handelt mit Vorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt. Kennt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit, kann daraus auf einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Auch die nur drohende Zahlungsunfähigkeit stellt ein starkes Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners dar, wenn sie ihm bei Vornahme der Rechtshandlung bekannt war.
In diesen Fällen handelt der Schuldner nur dann nicht mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er aufgrund konkreter Umstände – etwa der konkreten Aussicht, demnächst weiteren Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können – mit der baldigen Überwindung der Krise rechnen kann. Droht die Zahlungsunfähigkeit, bedarf es konkreter Umstände, die nahe legen, dass die Krise noch abgewandt werden kann.
Diese Grundsätze gelten nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch, wenn eine kongruente Leistung angefochten wird. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 10. Januar 2013 ausdrücklich klargestellt.
Die Anfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO setzt zudem voraus, dass der Anfechtungsgegner zur Zeit der angefochtenen Handlung den Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, kennt.
Die Kenntnis des Anfechtungsgegners wird gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, wenn dieser wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch hier die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Es genügt daher grundsätzlich, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter vielmehr gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen.
Die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners berechtigt allerdings ein Kreditinstitut im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens nicht dazu, die Ausführung von eingehenden Zahlungsaufträgen eines weiterhin verpflichtungs- und verfügungsbefugten Schuldners zu verweigern. Vielmehr darf ein Zahlungsdienstleister gemäß § 675o Abs. 2 BGB die Ausführung eines Vertrages nicht ablehnen, wenn die vertraglich vereinbarten Bedingungen erfüllt sind und die Ausführung nicht gegen sonstige Rechtsvorschriften verstößt. Mithin muss die Bank, sofern ein Guthaben oder eine offene Kreditlinie vorhanden ist, grundsätzlich eine Überweisung vornehmen, selbst wenn sie von einem Insolvenzantrag oder der Zahlungsunfähigkeit Kenntnis erlangt hat. Es macht dann keinen Unterschied, ob die Bank die Leistung an den Schuldner oder einen von diesem benannten Dritten erbringt. Entsprechendes gilt im Lastschriftverfahren.
Setzt die Schuldnerbank als Zahlstelle die Erledigung von Aufträgen des Schuldners lediglich zahlungstechnisch um, kommt deshalb eine Vorsatzanfechtung ihr gegenüber auch bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners regelmäßig nicht in Betracht, weil es sich bei der Abwicklung des Zahlungsverkehrs durch ein Kreditinstitut um alltägliche Geschäftsvorgänge handelt, denen ein Wille des Überweisenden, seine Gläubiger zu benachteiligen, für die Bank regelmäßig nicht zu entnehmen ist. Denn für das Kreditinstitut sind verschiedene Konstellationen denkbar, bei denen trotz Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners dessen Zahlungsaufträge keinen anfechtungsrechtlichen Bedenken begegnen.
Das Kreditinstitut kennt den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners allerdings dann, wenn es nicht nur über dessen Zahlungsunfähigkeit unterrichtet, sondern im Zuge der Verfolgung eigener Interessen in eine vom Schuldner angestrebte Gläubigerbenachteiligung eingebunden ist.
Es sind vielfältige Formen eines solchen Zusammenwirkens denkbar. Es ist etwa zu bejahen bei einem im Hinblick auf die (drohende) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners mit der Bank abgestimmten Zahlungsverhalten oder in Fällen, in denen die Bank nur ihr genehme Zahlungsaufträge des Schuldners zur Befriedigung einzelner von ihr bevorzugter Gläubiger ausführt.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. Januar 2013 – IX ZR 11/12