Lohnsteuer ist nicht Teil eines Bargeschäfts i.S. des § 142 InsO, wenn es weder zu einer zeitnahen Zahlung derselben noch zu einer zeitnahen Aufrechnung mit dieser gekommen ist.

Nach § 142 Abs. 1 InsO ist eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 bis 3 InsO gegeben sind. Anfechtbar ist nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.
Die als Ausnahmevorschrift gefasste Bestimmung des § 142 InsO beruht darauf, dass es bei zeitnahem Austausch gleichwertiger Leistungen an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung fehlt. § 142 InsO soll es dem Schuldner ermöglichen, auch in der Zeit seiner wirtschaftlichen Krise noch wertäquivalente Bargeschäfte, d.h. Rechtsgeschäfte, die die Insolvenzgläubiger nicht unmittelbar benachteiligen, anfechtungsfrei abzuwickeln[1]. Jedoch muss der zeitliche Zusammenhang zwischen den Leistungen selbst gewahrt bleiben und die Leistung des anderen Teils tatsächlich in das Aktivvermögen des Schuldners gelangt sein, wofür u.a. die Aufrechnung oder Verrechnung mit einem schon bestehenden Anspruch gegen einen neuen Anspruch des Schuldners als Gegenleistung nicht ausreicht[2].
An einem solchen zeitlichen Zusammenhang fehlt es im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall. Es ist nicht zur Zahlung der streitigen Lohnsteuer durch den Insolvenzschuldner gekommen, sondern es wurde erst mit der späteren Umbuchungsmitteilung eine Aufrechnung mit den Lohnsteuerforderungen erklärt.
Auf die Frage, ob Lohnsteuerzahlungen Bargeschäfte sein können[3], kommt es daher im vorliegenden Streitfall nicht an.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 3. August 2022 – XI R 44/20
- vgl. BGH, Urteil vom 07.03.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122; Urteile des Bundesarbeitsgerichts -BAG- vom 06.10.2011 – 6 AZR 262/10, BAGE 139, 235, Rz 18; vom 29.01.2014 – 6 AZR 345/12, BAGE 147, 172, Rz 47[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 11.02.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711, Rz 34, 36; BAG, Urteil vom 27.10.2004 – 10 AZR 123/04, BAGE 112, 266, Rz 21[↩]
- vgl. dazu BFH, Beschlüsse vom 13.07.1995 – VII S 1/95, BFH/NV 1996, 10; vom 26.09.1995 – VII B 117/95, BFH/NV 1996, 281; BAG, Urteile in BAGE 139, 235, Rz 17, und in BAGE 147, 172, Rz 49; BGH, Urteile vom 22.01.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350; in BB 2005, 401, Rz 6; BGH, Beschluss vom 22.10.2015 – IX ZR 74/15, Zeitschrift für das gesamte Insolvenz- und Sanierungsrecht 2016, 341; offengelassen: BFH, Beschluss vom 11.08.2005 – VII B 244/04, BFHE 210, 410, BStBl II 2006, 201, Rz 16[↩]
Bildnachweis:
- Taschenrechner: Steve Buissilnne