Qivive

Die Grundsätze der verdeckten Sacheinlage (§ 19 Abs. 4 GmbHG n.F.) finden auf Dienstleistungen, welche ein GmbH-Gesellschafter nach Leistung einer Bareinlage entgeltlich erbringen soll, keine Anwendung. Ebenso wenig liegt in einem solchen Fall ein der Erfüllung der Einlageschuld entgegenstehendes Hin- und Herzahlen der Einlagemittel (§ 19 Abs. 5 GmbHG n.F.) vor, sofern der Inferent diese nicht für die Vergütung seiner Dienstleistungen “reserviert”. Dienstleistungsverpflichtungen eines Gesellschafters können als solche nicht in Eigenkapitalersatz umqualifiziert werden; jedoch können stehen gelassene Vergütungsansprüche eigenkapitalersetzenden Charakter erlangen.

Qivive

Um eine verdeckte Sacheinlage handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wenn die gesetzlichen Regeln für Sacheinlagen dadurch unterlaufen werden, dass zwar eine Bareinlage vereinbart wird, die Gesellschaft aber bei wirtschaftlicher Betrachtung von dem Einleger aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Einlage getroffenen Absprache einen Sachwert erhalten soll. Entsprechendes gilt bei verdeckter Einbringung sonstiger G-genstände, welche als Sacheinlage eingebracht werden könnten, wie z.B. eine vor Begründung der Einlageschuld entstandene Altforderung des Inferenten. Die Neufassung des § 19 Abs. 4 GmbHG durch das MoMiG ändert dar-an insoweit nichts. Wollen der oder die Gesellschafter eine Sacheinlage einbringen, sind sie auf die Beachtung der dafür geltenden Sondervorschriften der §§ 5 Abs. 4, 56 GmbHG verwiesen, um dem Registergericht eine Wertdeckungskontrolle gemäß § 9c Abs. 1 Satz 2, § 57a GmbHG zu ermöglichen. Die Umgehung dieser Vorschriften in den Fällen der verdeckten Sacheinlage hat zur Folge, dass der Inferent durch scheinbare Leistung seiner Bareinlage von seiner entsprechenden Einlagepflicht nicht befreit wird. Entsprechendes bestimmt auch § 19 Abs. 4 Satz 1 n.F. GmbHG, wobei allerdings nunmehr der Wert des verdeckt eingebrachten Vermögensgegenstandes nach Maßgabe des § 19 Abs. 4 Satz 3 bis 5 n.F. GmbHG auf die fortbestehende Geldeinlagepflicht “anzurechnen” ist.

Den Tatbestand einer verdeckten Sacheinlage erfüllt jedoch eine Abrede nur dann, wenn sie dazu führt, dass die Gesellschaft im wirtschaftlichen Ergebnis eine Sacheinlage erhält. Wie der Senat mehrfach betont hat, kann Gegenstand einer verdeckten Sacheinlage – im Unterschied zum Umgehungstatbestand eines Hin- und Herzahlens – nur eine sacheinlagefähige Leistung sein. Gemäß § 27 Abs. 2 AktG können Verpflichtungen zu Dienstleistungen nicht Gegenstand von Sacheinlagen oder Sachübernahmen sein, was nach h.M. im GmbH-Recht entsprechend gilt. Der Grund dafür liegt darin, dass die Durchsetzung von Dienstleistungsverpflichtungen auf Schwierigkeiten stößt (vgl. §§ 887, 888 Abs. 3 ZPO) und sie deshalb als Einlagen nicht geeignet sind.

Davon abgesehen sind bloße obligatorische Ansprüche gegen den Einlageschuldner nach bisher nahezu allgemeiner Auffassung ohnehin per se nicht einlagefähig, weil es in einem derartigen Fall an einer Aussonderung des Einlagegegenstandes aus dem Vermögen des Inferenten fehlt und mit der Einbringung einer solchen Forderung als “Einlageleistung” lediglich die gesellschaftsrechtliche Verpflichtung des Inferenten gegen eine schuldrechtliche ausgetauscht würde.

Bei der Eingrenzung der verdeckten Sacheinlage auf sacheinlagefähige Gegenstände handelt es sich nicht nur um eine rein begriffliche Unterscheidung. Denn der den Grundsätzen der verdeckten Sacheinlage inhärente Vorwurf einer Umgehung der im Interesse des Gläubigerschutzes bestehenden Vorschriften über Sacheinlagen setzt voraus, dass der oder die Gesellschafter den im Ergebnis erstrebten Erfolg einer Sacheinlage rechtmäßig unter Beachtung der dafür geltenden Vorschriften hätten erreichen können und nach der ständigen Rechtsprechung des Senats diesen Weg auch hätten wählen müssen. Das ist aber bei Dienstleistungen nicht der Fall. Der Gesellschafter kann hier auch nicht darauf verwiesen werden, Ansprüche auf Vergütung seiner künftigen Dienstleistungen als Sacheinlage einzubringen, weil erst künftig entstehende und erst recht von einer Dienstleistung abhängige Forderungen – wie z.B. Ansprüche auf künftiges Geschäftsführergehalt – ebenfalls nicht sacheinlagefähig sind Da eine Umgehungshandlung den Tatbestandsmerkmalen der umgangenen Norm entsprechen muss, Dienstleistungen aber von den Sacheinlagevorschriften nicht erfasst werden, können die Grundsätze der verdeckten Sacheinlage hier auch nicht entsprechend herangezogen werden. Die Rechtsordnung kann die dem Bareinlageschuldner nachteiligen Folgen des Rechts der verdeckten Sacheinlage nicht an die Nichteinhaltung eines Verfahrens knüpfen, das sie selbst für den betreffenden Vorgang nicht bereitstellt.

Aus dem zuletzt genannten Grund lässt sich auch aus der fehlenden Sacheinlagefähigkeit von Dienstleistungen (§ 27 Abs. 2 Halbs. 2 AktG) – jedenfalls für das GmbH-Recht – nicht ein “Verbot” der Verabredung entgeltlicher Dienstleistungen des Inferenten in Zusammenhang mit der Begründung seiner Bareinlageschuld ableiten und darauf eine analoge Anwendung der Rechtsfolgen der verdeckten Sacheinlage stützen. Anderenfalls hätten z.B. der oder die Gesellschafter, welche sich an einer Barkapitalerhöhung oder Bargründung beteiligen, keine Möglichkeit, anschließend als Geschäftsführer der GmbH entgeltlich tätig zu werden, sondern müssten einen Fremdgeschäftsführer einstellen. Für die Gläubiger der GmbH wäre damit nichts gewonnen, während die Gesellschafter, welche auf ein Geschäftsführergehalt angewiesen sind, dadurch ungerechtfertigt beeinträchtigt würden. Dass ein solches Ergebnis vermieden werden muss, entspricht allgemeiner Auffassung, wobei zum Teil eine teleologische Reduktion der (vermeintlich auf Dienstleistungen zu erstreckenden) Grundsätze über die verdeckte Sacheinlage, zum Teil auch weitergehend vorgeschlagen wird, gewöhnliche Umsatzgeschäfte zu marktüblichen Preisen im Rahmen des laufenden Geschäftsverkehrs aus dem Anwendungsbereich der verdeckten Sacheinlage generell auszuklammern oder bei derartigen in zeitlichem Zusammenhang mit der Bareinlageleistung abgeschlossenen Geschäften die Vermutung für eine Vorabsprache der Beteiligten nicht eingreifen zu lassen. Letzteres würde in den paradigmatisch genannten Geschäftsführerfällen nicht weiterhelfen, weil dort regelmäßig eine derartige Vorabsprache vorliegt und dafür bei einem geschäftsführenden Alleingesellschafter schon sein entsprechendes “Vorhaben” ausreicht. Richtigerweise kommt es darauf weder in den Geschäftsführerfällen noch im vorliegenden Fall an, weil eben Dienstleistungen nicht Gegenstand einer ver-deckten Sacheinlage sein können.

Der BGH hat den Umgehungstatbestand des Hin- und Herzahlens (jetzt § 19 Abs. 5 n.F. GmbHG) in seiner neueren Rechtsprechung in Abgrenzung zur verdeckten Sacheinlage präzisiert. Danach handelt es sich um Fälle, in denen es an einer Bareinlageleistung zu freier Verfügung des Geschäftsführers (§ 8 Abs. 2 GmbHG) fehlt, weil der Einlagebetrag absprachegemäß umgehend wieder an den Einleger, sei es als Darlehen oder auch aufgrund einer Treuhandabrede, zurückfließen soll. Der Sache nach zielt das Vorgehen des Inferenten in solchen Fällen darauf ab, die prinzipiell unverzichtbare Einlageforderung durch eine in dieser Hinsicht schwächere schuldrechtliche Forderung (z.B. aus Darlehen) zu ersetzen, was der BGH für unzulässig erachtet und so behandelt hat, als habe der Inferent bis dahin nichts geleistet. Der Gesetzgeber ist dem bei der Neufassung des § 19 Abs. 5 GmbHG zwar nicht schlechthin, sondern nur für die Fälle einer nicht vollwertigen Gegenleistungsforderung gefolgt, hat aber den Gedanken des Forderungsaustauschs aufgegriffen und in § 19 Abs. 5 n.F. GmbHG bestimmt, dass ein Hin- und Herzahlen des Einlagebetrages den Inferenten nur dann von seiner Einlageverpflichtung befreit, wenn der dadurch begründete Rückgewähranspruch der Gesellschaft (insbesondere aus Darlehen) vollwertig und jederzeit fällig ist.

Insgesamt handelt es sich sonach bei dem Hin- und Herzahlen sowohl nach der dargestellten Rechtsprechung des Senats als auch nach § 19 Abs. 5 n.F. GmbHG um Fälle einer verdeckten Finanzierung der Einlagemittel durch die Gesellschaft, deren Offenlegung nunmehr § 19 Abs. 5 Satz 2 n.F. GmbHG ausdrücklich und als Voraussetzung für die Erfüllung der Einlageschuld verlangt. Mit der Neuregelung des § 19 Abs. 5 GmbHG soll insbesondere auch der darlehensweise Einlagenrückfluss in einem cash-pool erfasst werden, soweit dieser Rückfluss nicht im Sinne einer verdeckten Sacheinlage zu einer Tilgung bereits vorher bestehender Darlehensverbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber dem Inferenten führt.

Im Fall einer späteren Zahlung auf nach der ordnungsgemäß erbrachten Einlagenzahlung geleistete Dienste des Inferenten ist ein derartiges Hin- und Herzahlen nicht gegeben. Hier findet weder eine verdeckte Finanzierung noch ein bloßer Austausch der Einlageforderung gegen eine andere schuldrechtliche Forderung der Gesellschaft statt. Das ist nicht anders als in dem schon erwähnten Paradigma des Gesellschaftergeschäftsführers als Inferenten, dem es nicht verwehrt sein kann, ein Gehalt für seine Tätigkeit zu vereinbaren und zu beziehen, auch wenn dies in zeitlichem Zusammenhang mit der Einlageleistung geschieht. Soweit er oder ein sonstiger Inferent die Einlagemittel nicht für seine Zwecke “reserviert”, sondern in den Geldkreislauf der Gesellschaft einspeist, ist das – ohnehin nur für den Betrag der Mindesteinzahlung gemäß § 7 Abs. 2, § 56a GmbHG geltende – Erfordernis einer Einzahlung zu “endgültig freier Verfügung der Geschäftsführer” (§ 8 Abs. 2, § 57 Abs. 2 GmbHG) nicht berührt. Dieses Erfordernis ist erfüllt, wenn die Leistung aus dem Vermögen des Inferenten ausgeschieden und der GmbH derart zugeflossen ist, dass sie uneingeschränkt für Zwecke der Gesellschaft verwendet werden kann. Zu Zwecken der GmbH werden Einlagemittel auch dann verwendet, wenn sie ihr erbrachte Dienstleistungen eines Gesellschafters bezahlt, die sie ansonsten anderweitig hätte einkaufen müssen.

Damit ist in solchen Fällen regelmäßig weder eine verdeckte Sacheinlage noch ein Hin- und Herzahlen der Einlagemittel in dem dargelegten Sinne gegeben, so dass der Gesellschafter seine Einlageverpflichtung erfüllt hat (§ 362 BGB).

Allerdings kann in einem solchen Fall ein Zahlungsanspruch der Gesellschaft (bzw. des Insolvenzverwalters) aus Eigenkapitalersatz gegeben sein.

Zwar können Dienstleistungsverpflichtungen eines Gesellschafters als solche schon mangels Einlagefähigkeit nicht in Eigenkapitalersatz umqualifiziert und erst recht nicht entsprechend den Grundsätzen der eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung behandelt werden, zumal dies zu dem inakzeptablen Ergebnis einer Verpflichtung des Gesellschafters zu vertragsgemäßer Fortsetzung seiner Tätigkeit ohne Entgeltanspruch führen würde. Nicht ausgeschlossen ist aber, dass ein stehen gelassener Vergütungsanspruch eigenkapitalersetzenden Charakter erlangen kann.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 16. Februar 2009 – II ZR 120/07