Schuldzinszahlungen von einem Gemeinschaftskonto – und die Aufwandszurechnung im Insolvenzfall

An den in der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung anerkannten Zurechnungsgrundsätzen für von einem Ehegatten-Gemeinschaftskonto (Oder-Konto) vorgenommene Schuldzinszahlungen ist auch im Falle der Insolvenz des einen Betriebsausgabenabzug beanspruchenden Ehegatten festzuhalten.

Schuldzinszahlungen von einem Gemeinschaftskonto – und die Aufwandszurechnung im Insolvenzfall

Nach ständiger Finanzrechtsprechung folgt aus dem Grundprinzip der Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit, dass der Steuerpflichtige die von ihm steuermindernd geltend gemachten Aufwendungen persönlich getragen haben muss, d.h. seine eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit muss gemindert worden sein. Dies findet seinen Grund darin, dass die Ermittlung der Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 und 2 EStG subjektbezogen ist. Steuersubjekt ist der einzelne Steuerpflichtige, und zwar auch im Falle der Zusammenveranlagung von Eheleuten nach § 26b EStG.

Im Streitfall scheidet ein von der insolventen Ehefrau in diesem Sinne selbst getragener Aufwand aus.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall haben die Ehegatten -jenseits insolvenzrechtlicher Restriktionen- schon auf tatsächlicher Ebene nicht den erforderlichen Nachweis dafür erbracht, dass die Ehefrau ihr im Streitjahr erwirtschaftetes pfändungsfreies Arbeitsentgelt unmittelbar zur Schuldzinszahlung eingesetzt hat. Der sachlich-rechtlichen Beurteilung durch den Bundesfinanzhof unterliegt hier allein, dass das allenfalls geringfügige, der Höhe nach nicht konkret belegte Einkommen der Ehefrau auf das streitgegenständliche Gemeinschaftskonto geflossen ist, wo es sich mit den Einnahmen des Ehemannes (insbesondere dessen Arbeitseinkommen) zu einem Gesamtguthaben vereinigte. Bei Zahlungen von einem solchen Konto steht nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs aber kein Eigenaufwand mehr in Rede. Vielmehr stellt sich dann die Frage, für wessen Rechnung eine aus den gemeinsamen Mitteln erfolgte Zahlung geleistet worden ist, d.h. welchem der beiden Ehegatten die von dem Oder-Konto abgeflossene Aufwendung (als Betriebsausgabe) zugerechnet werden kann (“Drittaufwands-Rechtsprechung des BFH”).

Die vom Ehemann für den Betrieb der Ehefrau aufgenommenen Darlehen

Ein Eigenaufwand der Ehefrau kann auch nicht auf die im Innenverhältnis zwischen ihr und ihrem Ehemann begründeten Zahlungspflichten gestützt werden. Zwar ist durch den Bundesfinanzhof ebenfalls anerkannt, dass ein eigener Aufwand des Steuerpflichtigen in seiner gesetzlichen oder individualvertraglich eingegangenen Verpflichtung zu sehen sein kann, Schuldzinszahlungen auszugleichen bzw. zu erstatten oder den anderen Teil von einer solchen Zahlung freizustellen. Voraussetzung für die steuerliche Berücksichtigung derartiger Verpflichtungen ist jedoch nach der insoweit gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise, dass eine tatsächliche Inanspruchnahme des Steuerpflichtigen wahrscheinlich oder gar sicher ist. Bereits dies schied hier jedoch aufgrund der Vermögenssituation der Ehefrau von vornherein aus. Auf den Umstand, dass es sich bei den seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden Zinsen gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 174 Abs. 3 InsO um lediglich nachrangige Insolvenzforderungen handelte, kommt es demnach ebenso wenig an, wie darauf, dass die Passivierung entsprechender Zinsverbindlichkeiten bzw. -rückstellungen nur zulasten des letzten laufenden Gewinns der Ehefrau möglich gewesen wäre. Dahinstehen kann in diesem Kontext schließlich, ob die Darlehensverträge darüber hinaus noch einem Fremdvergleich zu unterziehen waren bzw. einem solchen standhielten.

Hinsichtlich der von ihrem Ehemann allein geschlossenen Darlehensverträge kommt eine Zurechnung der Schuldzinszahlungen an die Ehefrau weder unter dem Gesichtspunkt einer Abkürzung des Zahlungswegs noch unter dem Aspekt des abgekürzten Vertragswegs in Betracht.

Eine Abkürzung des Zahlungswegs liegt nicht vor.

Dies hätte die Zuwendung eines Geldbetrages an die Ehefrau dergestalt vorausgesetzt, dass der Ehemann im Einvernehmen mit der Ehefrau deren Schuld tilgt (§ 267 BGB), anstatt ihr den Geldbetrag unmittelbar zu geben, bzw. -anders gewendet- der Ehemann hätte für Rechnung der Ehefrau an deren Gläubiger leisten müssen. Im Streitfall war der Ehemann jedoch -entgegen ursprünglicher Planung- alleiniger Darlehensnehmer und Schuldner der an die Bank geleisteten Zinszahlungen. Folglich wurden durch die Abbuchungen zugunsten der Banken keine Verbindlichkeiten der Ehefrau, sondern ausschließlich eigene Verbindlichkeiten des Ehemanns für dessen eigene Rechnung beglichen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Ehegatten in den von ihnen untereinander geschlossenen Darlehensverträgen eine Drittleistungsermächtigung der Ehefrau vereinbart haben und die Abbuchungen von dem Gemeinschaftskonto erfolgten. Die vom Großen Senat des Bundesfinanzhofs in seinem Beschluss in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782 aufgestellten besonderen Zurechnungsgrundsätze bei Aufwendungen von Ehegatten aus gemeinsamen Mitteln betreffen nämlich nur Schuldzinsen für ein zulasten beider Ehegatten aufgenommenes gesamtschuldnerisches Darlehen. Sie sind auf Schuldzinsen für Darlehen, die ein Ehegatte im Verhältnis zum Darlehensgeber allein, d.h. ausschließlich auf eigene Rechnung, aufgenommen hat, nicht (auch nicht unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten) übertragbar. Diese restriktive Handhabung gilt selbst dann, wenn das Darlehen -wie vorliegend- allein der Refinanzierung des anderen Ehegatten dient. Die weiteren Einzelheiten der Zahlungsabwicklung und die Frage eines Fremdvergleichs sind mithin auch in diesem Punkt rechtlich ohne Belang.

Die Schuldzinszahlungen an die Bank können der Ehefrau nicht über die Figur des abgekürzten Vertragswegs zugerechnet werden.

In dieser Konstellation schließt der Dritte (hier: der Ehemann) in eigenem Namen für den Steuerpflichtigen (hier: die Ehefrau) einen Vertrag und leistet selbst die geschuldeten Zahlungen. Wie bei der Abkürzung des Zahlungswegs bezwecken Vertrag und Leistung eine Zuwendung an den Steuerpflichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist eine Zurechnung der Aufwendungen des Dritten an den Steuerpflichtigen zwar auch in solchen Fällen grundsätzlich denkbar. Speziell bei Zinszahlungen aufgrund von Kreditverhältnissen setzt dies jedoch voraus, dass der Steuerpflichtige im Rahmen eines echten oder unechten Vertrages zugunsten Dritter in die Darlehensvereinbarung miteinbezogen ist. Nur dann hat er -wie beim abgekürzten Zahlungsweg- einen Rechtsanspruch auf die vertraglich geschuldete Leistung (vgl. § 328 BGB) bzw. ist insofern zumindest empfangszuständig i.S. von § 362 Abs. 2 i.V.m. § 185 BGB. Andernfalls fehlt es an der für die steuerliche Berücksichtigung erforderlichen Leistung an den Steuerpflichtigen (Leistungsnähe) und an der Zahlung der geschuldeten Zinsen für Rechnung des Steuerpflichtigen durch den Dritten.

So aber liegt die Sache hier. Die Ehefrau war offenkundig nicht im Rahmen eines echten oder unechten Vertrages zugunsten Dritter in die Darlehensverträge eingebunden.

Von den Ehegatten gemeinsam aufgenommene Darlehen

Allerdings sind der Ehefrau diejenigen Schuldzinszahlungen als nachträgliche Betriebsausgaben zurechenbar, welche die gemeinsam mit ihrem Ehemann aufgenommenen Darlehen betreffen.

Haben Ehegatten gemeinsam ein gesamtschuldnerisches Darlehen aufgenommen, das den betrieblichen Zwecken nur eines von ihnen zu dienen bestimmt ist, sind die darauf entfallenden Schuldzinsen bei Zahlung von einem Gemeinschaftskonto, zu dessen Guthaben beide Ehegatten beigetragen haben, nach der Rechtsprechung des BFH in vollem Umfang als für Rechnung desjenigen Ehegatten aufgewendet anzusehen, mit dessen Erwerb das Darlehen in Zusammenhang steht. Dies gilt unabhängig davon, aus welchen Mitteln die Zahlung im Einzelfall stammt, sofern keine besonderen Vereinbarungen getroffen worden sind.

Diese besonderen -allein für die steuerliche Beurteilung maßgeblichen- Zurechnungsgrundsätze haben durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Ehefrau keine Einschränkung erfahren. Zwar wurden im hier entschiedenen Fall keine näheren Feststellungen dazu getroffen, wie die streitgegenständlichen Abbuchungen im Einzelnen zu Stande gekommen sind, d.h. durch wen sie auf Seiten der Ehegatten veranlasst bzw. autorisiert wurden, wann dies geschehen ist und wie diese in das für das Streitjahr maßgebliche Regelungssystem der §§ 676a ff. BGB (mit Wirkung zum 31.10.2009 ersetzt durch die §§ 675c ff. BGB) einzuordnen waren, bzw. wie sich der Insolvenzverwalter zu dem Gemeinschaftsguthaben positioniert hat. Diese für die insolvenzrechtliche Beurteilung der Abbuchungen unter Umständen entscheidenden Details können im Streitfall jedoch offenbleiben. Denn selbst wenn man danach zu dem Ergebnis kommen müsste, dass die Schuldzinszahlungen von dem Oder-Konto der Ehegatten nach zivilrechtlichen Maßstäben unwirksam wären, änderte dies vorliegend an ihrer steuerlichen Abzugsfähigkeit auf Seiten der Ehefrau nichts.

Dann nämlich läge ein Anwendungsfall des § 41 Abs. 1 Satz 1 AO vor. Nach dieser Vorschrift ist die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten dessen wirtschaftliches Ergebnis gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Diese Voraussetzungen erkennt der Bundesfinanzhof vorliegend als gegeben. Insbesondere kann nach den vom Finanzgericht getroffenen Feststellungen davon ausgegangen werden, dass den Schuldzinszahlungen rechtsgeschäftliche Beziehungen zwischen den involvierten Privatrechtssubjekten und nicht lediglich außerhalb des Anwendungsbereichs von § 41 Abs. 1 Satz 1 AO stehende Realakte zugrunde lagen. Außerdem ließen der Ehegatte und der Insolvenzverwalter, auf den die Kontoverfügungsbefugnis der Ehefrau nach Maßgabe von § 116 Satz 3 InsO in der im Streitjahr geltenden Fassung i.V.m. § 80 Abs. 1 InsO übergegangen war, das wirtschaftliche Ergebnis dieser Rechtsgeschäfte unstreitig bestehen. Auf Seiten des Ehegatten bedurfte es keiner über die Einrichtung und Führung des Ehegatten-Oder-Kontos hinausgehenden Betätigung seines “Drittleistungswillens”.

Soweit das Finanzamt auf eine der Ehefrau zwischenzeitlich erteilte Restschuldbefreiung verweist, welche dazu geführt habe, dass durch die Zinszahlungen keine gemeinsamen Verbindlichkeiten der Ehegatten bedient worden seien, änderte eine spätere Restschuldbefreiung nichts daran, dass die im Streitjahr erfolgten Abbuchungen für gemeinschaftliche Zinsschulden der Ehegatten einkommensteuerrechtlich der Ehefrau zurechenbar sind. Denn die Erteilung der Restschuldbefreiung führt nicht etwa zu einem (gar in die Vergangenheit zurückwirkenden) Erlöschen der Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners. Die nicht erfüllten Forderungen werden stattdessen ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft des Beschlusses des Insolvenzgerichts, mit dem die Restschuldbefreiung erteilt wird (§ 300 InsO), in unvollkommene Verbindlichkeiten (sog. Naturalobligationen) umgewandelt, deren Erfüllung von da ab -d.h. ex nunc- freiwillig möglich ist, jedoch nicht mehr erzwungen werden kann. Im Fall der Ehegatten wird daher allenfalls in Bezug auf künftige Streitjahre ab Erteilung einer Restschuldbefreiung näher zu prüfen sein, ob eventuelle weitere Schuldzinszahlungen noch in dem von § 4 Abs. 4 EStG geforderten Veranlassungszusammenhang stehen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 3. Februar 2016 – X R 25/12