Gesellschafterhaftung in der Insolvenz der Gesellschaft – und die Darlegungslast

Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen[1].

Gesellschafterhaftung in der Insolvenz der Gesellschaft – und die Darlegungslast

Zur Darlegung der Gläubigerforderungen, für die der Kommanditist gemäß § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 HGB haftet, ist es ausreichend, wenn der Insolvenzverwalter, der während des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft das den Gesellschaftsgläubigern nach § 171 Abs. 1 HGB zustehende Recht ausübt, die Insolvenztabelle vorlegt mit festgestellten Forderungen, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden können[2].

Das Bestreiten der Gläubigerforderungen ist unbeachtlich, wenn dem Kommanditisten Einwendungen aufgrund der Wirkungen der widerspruchslosen Feststellung der Forderungen in der Insolvenztabelle nach § 129 Abs. 1, § 161 Abs. 2 HGB abgeschnitten sind. Die Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle hat für den Insolvenzverwalter und die Gläubiger gemäß § 178 Abs. 3 InsO die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils und beschränkt grundsätzlich die Einwendungsmöglichkeiten des Kommanditisten[3]. Beruft sich der Insolvenzverwalter auf die Feststellung der Gläubigerforderungen zur Insolvenztabelle, genügt er entgegen der Sicht der Revision seiner Darlegungslast, wenn er deren Feststellung nach § 178 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 InsO behauptet, gegebenenfalls unter Bezugnahme auf eine von ihm erstellte tabellarische Übersicht[4]. Für die Darlegung kommt es allein auf die Behauptung einer widerspruchslosen Feststellung an. Erst wenn die Behauptung des Insolvenzverwalters mit einer hinreichenden Erklärung nach § 138 Abs. 2 und 3 ZPO bestritten wurde, muss die Feststellung der Gläubigerforderungen vom Insolvenzverwalter bewiesen werden. Die erklärungsbelastete Partei hat – soll ihr Vortrag beachtlich sein – auf die Behauptungen ihres Prozessgegners grundsätzlich „substantiiert“, d.h. mit näheren positiven Angaben, zu erwidern. Ein substantiiertes Vorbringen kann grundsätzlich nicht pauschal bestritten werden. Eine nähere Stellungnahme zu den Forderungen, die in der Insolvenztabelle festgestellt wurden, ist dem Kommanditisten auch möglich. Die erforderlichen Informationen kann er von der Schuldnerin einfordern. Im Insolvenzverfahren richtet sich der Informationsanspruch des Kommanditisten nach § 166 Abs. 1 HGB, der während der laufenden Insolvenz gegen den Insolvenzverwalter der Kommanditgesellschaft geltend zu machen ist. Zusätzlich kann er um Akteneinsicht nach § 4 InsO i.V.m. § 299 Abs. 2 ZPO ersuchen[5].

Diese Grundsätze gelten auch für die persönliche Forderung eines absonderungsberechtigten Gläubigers, die „für den Ausfall“ oder „in Höhe des nachzuweisenden Ausfalls“ festgestellt wurde[6]. Diese Beschränkung deutet nur auf das nach § 52 Satz 2, § 190 InsO eingeschränkte Recht des absonderungsberechtigten Gläubigers bei der Verteilung hin und berührt nicht die Wirkung der Feststellung nach § 178 Abs. 3 InsO[7].

Im vorliegenden Fall hat der klagende Insolvenzverwalter zudem unter Vorlage einer Forderungsaufstellung dargelegt, mit welchem Betrag die Gläubigerin bei der abgesonderten Befriedigung ausgefallen ist. Die Beklagte ist dem nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nur mit einem pauschalen Bestreiten entgegengetreten. Ein solches, auf die Einzelheiten der Abrechnung nicht eingehendes Vorbringen der Kommanditisten ist unzureichend, so dass das Berufungsgericht den Vortrag des Insolvenzverwalters gemäß § 138 Abs. 3 ZPO zurecht als zugestanden angesehen hat. Aus der von der Revision in Bezug genommenen Behauptung der Kommanditisten, der Insolvenzverwalter habe zur Anmeldung nachrangiger Forderungen aufgefordert, ergibt sich nicht, dass die Forderung nicht oder nur in geringerer Höhe bestanden hat.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. Juli 2020 – II ZR 175/19

  1. BGH, Urteil vom 25.07.2005 – II ZR 199/03, ZIP 2005, 1738, 1740 mwN; Beschluss vom 09.02.2009 – II ZR 77/08, WM 2009, 1154 Rn. 4[]
  2. BGH, Beschluss vom 18.10.2011 – II ZR 37/10 9; Urteil vom 20.02.2018 – II ZR 272/16, BGHZ 217, 327 Rn. 15; jeweils mwN[]
  3. BGH, Urteil vom 20.02.2018 – II ZR 272/16, BGHZ 217, 327 Rn. 21 ff.[]
  4. OLG Braunschweig, ZInsO 2018, 1855, 1859; OLG Frankfurt, ZInsO 2019, 42, 43 f.; OLG Frankfurt, ZInsO 2019, 1437, 1438; OLG Celle, ZInsO 2019, 2646, 2647; OLG München, ZinsO 2019, 2319, 2321; OLG Stuttgart, ZIP 2019, 2269, 2271 f.; OLG Stuttgart, ZIP 2020, 136, 137; aA OLG Koblenz, ZInsO 2018, 2659, 2660; LG Mainz, ZInsO 2019, 338, 340; LG Rottweil, ZInsO 2018, 2150, 2151 f.; LG München II, ZInsO 2019, 916, 918; LG Amberg, ZInsO 2019, 974, 976; LG Arnsberg, ZInsO 2019, 1228 f.[]
  5. BGH, Urteil vom 20.02.2018 – II ZR 272/16, BGHZ 217, 327 Rn.20 mwN[]
  6. OLG München, ZInsO 2019, 2319, 2321[]
  7. vgl. RGZ 22, 153, 154, 139, 83, 86; BGH, Urteil vom 25.06.1957 – VIII ZR 251/56, WM 1957, 1225, 1226; Urteil vom 30.01.1961 – II ZR 98/59, WM 1961, 427, 429 [jeweils zur KO]; HK-InsO/Lohmann, 10. Aufl., § 52 Rn. 4 f.; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 15. Aufl., § 178 Rn. 36[]