Prozesskostenhilfe für den Insolvenzverwalter – und die nur geringe Chance zur Quotenverbesserung

Auch dem Insolvenzverwalter kann Prozesskostenhilfe nur dann bewilligt werden kann, wenn die Prozessführung nicht mutwillig erscheint. § 114 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. ZPO ist auch bei der Beurteilung des Prozesskostenhilfegesuchs einer Partei kraft Amtes anwendbar, wie sich aus § 116 Satz 2 ZPO ergibt.

Prozesskostenhilfe für den Insolvenzverwalter – und die nur geringe Chance zur Quotenverbesserung

Nach der durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31.08.2013[1] mit Wirkung zum 1.01.2014 eingefügten Legaldefinition liegt Mutwilligkeit vor, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht (§ 114 Abs. 2 ZPO).

Mutwilligkeit der Prozessführung kann hier nicht mit der Begründung bejaht werden, bei Annahme eines Prozess- und Vollstreckungsrisikos von 50 % ergebe sich eine Quotenverbesserung von lediglich 0, 5 %.

Der Begriff der Mutwilligkeit in § 114 Abs. 2 ZPO knüpft an die Rechtsprechung an, wonach der Staat nicht einen Prozess finanzieren soll, wenn eine selbstzahlende Person, die ihre Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt, diesen Prozess nicht führen würde[2]. Beurteilungsmaßstab für die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung ist das fiktive Vorgehen eines nicht auf Prozesskostenhilfe angewiesenen, verständigen, sich an den wohlverstandenen Interessen der Gläubigergemeinschaft orientierenden Verwalters[3]. Mutwilligkeit kann nicht wegen einer im Falle des Prozesserfolgs nur geringen Quotenverbesserung bejaht werden. Andernfalls würde wie der vorliegende Fall deutlich zeigt für die Frage der Mutwilligkeit letztlich der gleiche Maßstab angelegt, der zur Bejahung oder Verneinung der wirtschaftlichen Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO führt. § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO liefe leer. Nach dem gesetzgeberischen Willen sollen Rechtsstreitigkeiten nicht wegen ihres geringen Streitwerts mutwillig sein[4]. Dann kann eine Rechtsverfolgung aber nicht deswegen mutwillig sein, weil nach Abzug aller mit dem Rechtsstreit verbundenen Risiken und aller Kosten eine nur geringfügige Quotenverbesserung erreicht werden kann.

Ob Prozess- und Vollstreckungsrisiken (wenn die nach § 114 Abs. 2 ZPO vorausgesetzte hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht) schon generell nicht herangezogen werden können, um die beabsichtigte Klage des Insolvenzverwalters als mutwillig im Sinne von § 114 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. ZPO anzusehen[5], bedurfte hier jedoch keiner Entscheidung. Von welchem Prozess- und Vollstreckungsrisiko tatsächlich auszugehen ist, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Ein solches Risiko von 50 %, wie das Berufungsgericht seiner Mutwillligkeitsprüfung zugrunde legt, ließe die Rechtsverfolgung des Klägers nicht als mutwillig erscheinen. Dass vorliegend die Rechtsverfolgung letztlich keine Aussicht auf Befriedigung verspricht oder unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gänzlich zwecklos erscheint, lässt sich bislang nicht feststellen.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26. April 2018 – IX ZB 29/17

  1. BGBl 2013 – I S. 3533[]
  2. BT-Drs. 17/11472, S. 29; BVerfG, NJW 2010, 988, 989[]
  3. BGH, Beschluss vom 06.12 2010 – II ZB 13/09, NZI 2011, 104 Rn. 8[]
  4. BT-Drs. 17/11472, S. 29[]
  5. vgl. OLG Hamm, ZIP 1997, 248; OLG Karlsruhe, ZIP 2012, 494; MünchKomm-ZPO/Wache, 5. Aufl., § 114 Rn. 77[]