Den Antrag, die Restschuldbefreiung zu versagen, wenn sich nach dem Schlusstermin herausstellt, dass ein Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 InsO vorgelegen hat, können nur Insolvenzgläubiger stellen, die sich durch Anmeldung ihrer Forderung am Insolvenzverfahren beteiligt haben.

Die Vorschrift des § 297a InsO ist durch das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.07.2013 [1] mit Wirkung vom 01.07.2014 in die Insolvenzordnung eingefügt worden. Sie ist anwendbar, wenn das Insolvenzverfahren nach dem 1.07.2014 beantragt worden ist (Art. 103h Satz 1 EGInsO). Nach dem Wortlaut der Norm kann der Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung nur von einem Insolvenzgläubiger gestellt werden. Insolvenzgläubiger sind alle persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (§ 38 InsO). Eine Anmeldung des Anspruchs zur Insolvenztabelle setzt der Begriff des Insolvenzgläubigers grundsätzlich nicht voraus.
Bevor das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte in Kraft trat, konnte die Restschuldbefreiung unter den Voraussetzungen des § 290 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 InsO versagt werden, wenn dies im Schlusstermin von einem Insolvenzgläubiger beantragt wurde (§ 290 Abs. 1 InsO). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs [2] stand dieses Antragsrecht nur Insolvenzgläubigern zu, die ihre Forderung im Verfahren angemeldet hatten und sich dadurch am Insolvenzverfahren beteiligten. Entsprechendes galt für Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung wegen eines Verstoßes gegen Obliegenheiten in der Wohlverhaltensphase nach §§ 296, 297 InsO und für Anträge auf Widerruf der Restschuldbefreiung nach § 303 InsO; das im Gesetz vorgesehene Antragsrecht der Insolvenzgläubiger wurde auch hier auf Gläubiger beschränkt, die ihre Forderung im Insolvenzverfahren angemeldet hatten [3].
Durch das Gesetz vom 15.07.2013 wurden die Gläubigerrechte insoweit gestärkt, als Versagungsanträge nun auch schon vor dem Schlusstermin gestellt werden können (§ 290 Abs. 1 und 2 InsO nF) und wenn sich erst nach dem Schlusstermin herausstellt, dass ein Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 InsO vorgelegen hat, auch noch nach diesem Zeitpunkt (§ 297a InsO). Antragsberechtigt sind nach der Neuregelung in § 290 Abs. 1 InsO Insolvenzgläubiger, die ihre Forderung angemeldet haben. Damit soll nach der Begründung des Gesetzentwurfs die Rechtsprechung nachgezeichnet werden, die nur diesen Insolvenzgläubigern ein Antragsrecht zubilligt [4]. Von einer entsprechenden Ergänzung wurde bei den weiteren bereits bestehenden Versagungsund Widerrufsnormen (§§ 296, 297, 303 InsO) ebenso abgesehen wie bei der Neuregelung in § 297a InsO. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird jedoch ausgeführt, die Einschränkung des Antragsrechts auf Insolvenzgläubiger, die Forderungen im Verfahren angemeldet haben, gelte ohne ausdrückliche Regelung über die Grundnorm des § 290 InsO hinaus auch für die anderen Anträge auf Versagung oder Widerruf der Restschuldbefreiung [5].
Im Blick auf diese Entstehungsgeschichte wird im Schrifttum nahezu einhellig vertreten, dass ein Versagungsantrag nach § 297a InsO nur von Insolvenzgläubigern gestellt werden kann, die eine Forderung angemeldet haben [6].
Die Gegenansicht tritt dem unter Berufung auf eine Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg [7] entgegen. Sie meint, die Rechtsprechung, die der Gesetzgeber nach seinem erklärten Willen habe umsetzen wollen, verlange nicht die Auslegung, dass nur solche Insolvenzgläubiger einen Versagungsantrag nach § 297a InsO stellen könnten, die eine Forderung im Insolvenzverfahren angemeldet haben. Grundlage dieser Rechtsprechung sei gewesen, dass nach alter Rechtslage der Schlusstermin für Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 InsO eine Zäsur gebildet habe und dass bis zu diesem Zeitpunkt auch Forderungsanmeldungen möglich gewesen seien. Wenn die Berechtigung, einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zu stellen, an eine Forderungsanmeldung geknüpft worden sei, sei dies letztlich nur ein Reflex auf die Zäsur des Schlusstermins gewesen. Durch die Neuregelung in § 297a InsO sei diese strikte Zäsurwirkung aufgehoben worden. Der Versagungsantrag könne nun noch zu einer Zeit gestellt werden, da eine Forderungsanmeldung nicht mehr möglich sei. Es sei unter Wertungsgesichtspunkten nicht gerechtfertigt, in diesem Zeitraum einem Tabellengläubiger mehr Rechte einzuräumen als einem Gläubiger, der eine unterlassene Forderungsanmeldung nun nicht mehr nachholen könne.
Diese Einwände greifen nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht durch. Ausschlaggebend dafür, dass nach altem Recht nur Insolvenzgläubiger, die eine Forderung zur Tabelle angemeldet hatten, als berechtigt angesehen wurden, die Versagung der Restschuldbefreiung zu beantragen, war nicht die Zäsurwirkung des Schlusstermins. Entscheidend war vielmehr die Überlegung, dass ein Versagungsantrag als Verfahrensrecht denjenigen Gläubigern vorbehalten sein sollte, die sich am Insolvenzverfahren durch Anmeldung ihrer Forderung beteiligten [8]. Aus diesem Grund wurden auch Versagungsanträge nach §§ 296, 297 InsO, die nach dem Schlusstermin gestellt werden konnten, dem Erfordernis einer Forderungsanmeldung unterstellt, obschon eine solche zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich war [9]. Der Wille des Gesetzgebers, auch nach neuem Recht nur Tabellengläubigern Versagungsanträge zu gestatten, korrespondiert daher sowohl mit den Aussagen als auch mit den Beweggründen der Rechtsprechung zum Schlicker/Kexel, InsO, 5. Aufl., § 297a Rn. 4)).
Insolvenzgläubiger, die wie die Beteiligte in dem vom Schuldner eingereichten Gläubigerverzeichnis nicht aufgeführt wurden, sind damit nicht schutzlos. Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens können sie aufgrund der öffentlichen Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses erlangen, die als Nachweis der Zustellung an alle Beteiligten gilt (§§ 28, 30 Abs. 1, § 9 Abs. 3 InsO; vgl. BGH, Beschluss vom 06.11.2008 – IX ZB 34/08, NZI 2009, 66 Rn. 10). Erfahren sie hiervon erst zu einem Zeitpunkt, zu dem eine Forderungsanmeldung nicht mehr möglich ist, können sie versuchen, einen anderen Gläubiger, der seine Forderung rechtzeitig angemeldet hat, dazu zu bewegen, die Versagung der Restschuldbefreiung zu beantragen [10]. Gelingt dies nicht, bleibt die Möglichkeit, den Schuldner bei Vorliegen der Voraussetzungen wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen [11] .
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13. Februar 2020 – IX ZB 55/18
- BGBl. I S. 2379[↩]
- BGH, Beschluss vom 20.11.2014 – IX ZB 56/13, NZI 2015, 132 Rn. 7 mwN[↩]
- BGH, Beschluss vom 09.10.2008 – IX ZB 16/08, ZInsO 2009, 52 Rn. 2 mwN; vom 20.11.2014, aaO Rn. 9[↩]
- BT-Drs. 17/11268, S. 26[↩]
- BT-Drs. 17/11268, aaO[↩]
- Ahrens, Aktuelles Privatinsolvenzrecht, 3. Aufl., Rn. 975 f; ders., NZI 2013, 721, 722; ders. in FKInsO, 9. Aufl., § 297a Rn. 16; MünchKomm-InsO/Stephan, 4. Aufl., § 297a Rn. 14; Uhlenbruck/Sternal, InsO, 15. Aufl., § 297a Rn. 5 f; HKInsO-/Waltenberger, 9. Aufl., § 297a Rn. 5; Schmidt/Henning, InsO, 19. Aufl., § 297a Rn. 2; HmbKomm-InsO/Streck, 7. Aufl., § 297a Rn. 2; GrafSchlicker/Kexel, InsO, 5. Aufl., § 297a Rn. 4; AGR/Weinland, InsO, 3. Aufl., § 297a Rn. 2; Wenzel in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2019, § 297a Rn. 2; BKInsO/Ley, 2014, § 297a Rn. 2; BeckOKInsO/Riedel, 2019, § 297a Rn. 2; Frind, Praxishandbuch Privatinsolvenz, 2. Aufl., Rn. 876; Schmidt/Montag, Privatinsolvenzrecht, § 297a InsO Rn. 4; Schmerbach/Semmelbeck, NZI 2014, 547, 550; Laroche/Siebert, NZI 2014, 541, 544 f; Jenal/Schüssler, KSI 2014, 16, 17 f; nicht eindeutig a.A., aber von der Rechtsbeschwerde als Gegenmeinung bezeichnet: Nerlich/Römermann, InsO, 2015, § 297a Rn. 4; Braun/Pehl, InsO, 8. Aufl., § 297a Rn. 1 und 4[↩]
- AG Hamburg, Beschluss vom 26.10.2017 68g IK 757/15[↩]
- BGH, Beschluss vom 20.11.2014 – IX ZB 56/13, NZI 2015, 132 Rn. 9; vgl. FKInsO/Ahrens, 9. Aufl., § 290 Rn. 218; ders., NZI 2013, 721, 722; Jaeger/Henckel, InsO, § 38 Rn. 18[↩]
- BGH, Beschluss 17.03.2005 – IX ZB 214/04, NZI 2005, 399, 400; vom 09.10.2008 – IX ZB 16/08, ZInsO 2009, 52 Rn. 2; vom 20.11.2014, aaO[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 20.11.2014 – IX ZB 56/13, NZI 2015, 132 Rn. 11[↩]
- vgl. dazu BGH, Beschluss vom 09.10.2008, aaO Rn. 2; vom 06.11.2008, aaO Rn. 11; vom 20.11.2014, aaO Rn. 9, 11; OLG Saarbrücken, NZI 2015, 712 mit Anm. Ahrens, NZI 2015, 687; Ahrens, NZI 2013, 721, 725 ff; Uhlenbruck/Sternal, InsO, 15. Aufl., § 297a Rn. 6[↩]