Mit Beschluss vom 19.09.2019[1] hat der Bundesgerichtshof entschieden, die Entscheidung über die vorzeitige Restschuldbefreiung nach § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO setze voraus, dass die vorgesehene Mindestbefriedigungsquote innerhalb von drei Jahren nach Insolvenzeröffnung erreicht werde.

Dieses sowohl aufgrund des Wortlauts[2] als auch nach Sinn und Zweck der Regelung[3] gebotene Verständnis führt dazu, dass die vorzeitige Restschuldbefreiung nicht mehr erteilt werden kann, wenn die vorgesehene Mindestbefriedigungsquote erst nach Ablauf von drei Jahren erreicht wird.
Der in § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO geregelte Zeitraum stellt daher eine Ausschlussfrist dar.
Die Frist hat der Schuldner nicht gewahrt, wenn dem Insolvenzverwalter /Treuhänder der erforderliche Betrag nicht bis zum Ablauf von drei Jahren der Abtretungsfrist zugeflossen ist.
Der Bundesgerichtshof hat bisher offengelassen, ob die Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entsprechend auf die Ausschlussfrist des § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO anzuwenden sind[4]. Diese Frage muss auch im vorliegenden Fall nicht beantwortet werden.
Es bestünde kein Anlass, eine Wiedereinsetzung in die Frist zur Erreichung der Mindestbefriedigungsquote von Voraussetzungen abhängig zu machen, die hinter den Anforderungen der §§ 233 ff ZPO zurückbleiben. Eine Wiedereinsetzung in die Frist des § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO setzte demnach ein unverschuldetes Fristversäumnis voraus (§ 233 Satz 1 ZPO). Die § 234 ZPO zu entnehmende Antragsfrist müsste gewahrt sein und innerhalb dieser Frist der zur Erreichung der Mindestbefriedigungsquote erforderliche Betrag nachgeschossen werden (vgl. § 236 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 ZPO). Letzteres ist nicht der Fall. Der vom Treuhänder aufgezeigte Fehlbetrag wurde nicht innerhalb der Antragsfrist beglichen.
Die Antragsfrist von zwei Wochen (vgl. § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO) ist durch den Zugang des Schreibens des Treuhänders bei dem Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners in Lauf gesetzt worden. Spätestens ab diesem Zeitpunkt waren auf Seiten des Schuldners alle zur Berechnung des nachzuschießenden Betrags erforderlichen Umstände bekannt und damit ein zuvor möglicherweise bestehendes Hindernis behoben (vgl. § 234 Abs. 2 ZPO). Insbesondere kannte der Schuldner die Höhe der zu berücksichtigenden Gläubigerforderungen, den sich aus diesen ergebenden Anteil von 35 vom Hundert, die bislang an die Gläubiger geflossenen Zahlungen sowie das im maßgeblichen Zeitpunkt vorhandene Guthaben auf dem Konto des Treuhänders. Bekannt waren zudem die in der Wohlverhaltensphase durch den Treuhänder vereinnahmten Zahlungen sowie die Berechnung und Höhe der von diesem auf dieser Grundlage beanspruchten Vergütung.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28. Mai 2020 – IX ZB 50/18