Die Bundesrepublik Deutschland muss dem Insolvenzverwalter der Fluggesellschaft Air Berlin vereinnahmte Bußgelder von insgesamt 2,4 Mio. € nicht erstatten.

Dem Luftfahrt-Bundesamt in Braunschweig lagen 2017 zahlreiche Beschwerden von Kunden der Fluggesellschaft Air Berlin vor. Air Berlin habe die Rechte der Fluggäste, die durch eine Europäische Verordnung geschützt werden, bei Annullierungen und Verspätungen von Flügen verletzt. Deswegen hatte das Luftfahrt-Bundesamt bereits 314 Bußgeldverfahren eingeleitet, weitere 403 Anzeigen lagen vor. In einem Gespräch verständigten sich Vertreter von Air Berlin und des Luftfahrt-Bundesamt darüber, dass Air Berlin in 295 Fällen Geldbußen bezahlen und das Luftfahrt-Bundesamt sodann die weiteren Fälle nicht weiter verfolgen werde. Auf die anschließend ergangenen 295 Bußgeldbescheide zahlte Air Berlin bis Ende Juli 2017 insgesamt 2,4 Mio. €.
Am 1. November 2017 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Air Berlin eröffnet. Der Insolvenzverwalter verklagte die Bundesrepublik Deutschland auf Rückzahlung der 2,4 Mio. €. Die Verständigung wie auch die Zahlungen seien rechtswidrig und deshalb unentgeltlich gewesen. Unentgeltliche Zahlungen in Krisenzeiten eines Unternehmens habe der Empfänger im Interesse aller Gläubiger zu erstatten.
Das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht Braunschweig gab der Klage des Insolvenzverwalters statt. Die dagegen eingelegte Berufung der Bundesrepublik Deutschland hatte vor dem Oberlandesgericht Braunschweig Erfolg, das Oberlandesgericht hat die Klage des Insolvenzverwalters abgewiesen:
Die zwischen dem Luftfahrt-Bundesamt und Air Berlin getroffene Absprache sei zulässig gewesen. Sie habe in zahlreichen Fällen die Ungewissheit beseitigt, inwieweit die Vorwürfe der Fluggäste berechtigt gewesen seien. Die entrichteten Bußgelder stellten deshalb keine zurückzugewährenden unentgeltlichen Leistungen dar.
Auch soweit Air Berlin zu einem geringeren Anteil die verhängten Bußgelder deutlich vor der Bestandskraft des jeweiligen Bescheids gezahlt habe, könne der Insolvenzverwalter diese Bußgelder nicht erstattet verlangen, allenfalls einen etwaigen Zinsschaden wegen verfrühter Zahlung.
Der Insolvenzverwalter sieht das anders und meint, auch die verfrühten Zahlungen selbst verlangen zu können. Wegen dieser Rechtsfrage hat das Oberlandesgericht die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
Oberlandesgericht Braunschweig, Urteil vom 28. Dezember 2023 – 9 U 103/22