Eine Unterbrechung nach § 240 Satz 1 ZPO setzt voraus, dass das Verfahren „die Insolvenzmasse“ betrifft. Dazu muss der Streitgegenstand als Aktivum oder Passivum ganz oder anteilig zur Masse gehören, wobei es ausreichend ist, wenn sich die Beziehung als mittelbare darstellt[1]. Ein mittelbarer Bezug zur Insolvenzmasse liegt unter anderem dann vor, wenn die obsiegende Partei auf der Basis der Entscheidung vermögensrechtliche Ansprüche geltend machen kann. Eine nur wirtschaftliche Beziehung zur Insolvenzmasse reicht demgegenüber nicht aus[2].

Ein solcher mittelbarer Bezug zur Insolvenzmasse besteht auch bei einem auf Ersetzung der Zustimmung zu einer Ein- oder Umgruppierung gerichteten Beschlussverfahren. Das Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG betrifft zwar unmittelbar nur das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats und hat zunächst keine direkten vermögensrechtlichen Konsequenzen. Ihm kommt aber eine begrenzte Bindungswirkung im Verhältnis zwischen der Arbeitgeberin und der betroffenen Arbeitnehmerin zu. Eine gerichtlich im Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG als zutreffend festgestellte Eingruppierung ist für die Arbeitgeberin im Verhältnis zu der betroffenen Arbeitnehmerin verbindlich. Bei einem erfolglosen Zustimmungsersetzungsantrag kann sie sich im Verhältnis zur Arbeitnehmerin nicht mehr auf die von ihr als zutreffend erachtete Eingruppierung berufen[3]. Damit kann zwar nicht der Betriebsrat selbst auf Basis der Entscheidung im Zustimmungsersetzungsverfahren vermögensrechtliche Ansprüche gegenüber der Arbeitgeberin geltend machen. Die Arbeitgeberin ist aber gehindert, sich – mit bestimmten Argumenten – gegen vermögensrechtliche Ansprüche der Arbeitnehmerin zu wehren.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Unterbrechung des Verfahrens konnte keine wirksame Zustellung erfolgen. Während der Unterbrechung sind nach § 249 Abs. 2 ZPO nicht nur die von einer Partei in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozesshandlungen der anderen Partei gegenüber ohne rechtliche Wirkung. Die Vorschrift erfasst darüber hinaus auch Handlungen des Gerichts, die nach außen vorgenommen werden. Zu diesen gehört die von Amts wegen zu bewirkende Zustellung von gerichtlichen Entscheidungen. Diese ist im Unterbrechungszeitraum grundsätzlich unwirksam[4].
Der Unwirksamkeit der nach Insolvenzeröffnung bewirkten Zustellung steht die vor Beginn der Unterbrechung erfolgte Verkündung der angefochtenen Entscheidung nicht entgegen. Der Beschluss war bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht zugestellt und die Instanz deshalb noch nicht abgeschlossen[5].
Die fehlerhaft erfolgte Zustellung des Beschlusses an die Arbeitgeberin ist mit Wirksamwerden des Beschlusses des Amtsgerichts über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach § 189 ZPO geheilt worden, da sie den Beschluss erhalten hat. Nach § 189 ZPO gilt ein Schriftstück, das unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist. Die Vorschrift erfasst über ihren Wortlaut hinaus auch Fälle, in denen eine förmliche Zustellung eines Schriftstücks nach dem Gesetz zu erfolgen, jedoch nicht stattgefunden hat[6].
Mit Beendigung der Unterbrechung begannen der Lauf der einmonatigen Rechtsbeschwerde- und zweimonatigen Rechtsbeschwerdebegründungsfrist.
Die Arbeitgeberin konnte bereits während der Unterbrechung und vor Zustellung des Beschlusses Rechtsbeschwerde einlegen, da dieser bereits verkündet war[7]. Die Rechtsbeschwerdeeinlegung war nicht wegen der Unterbrechung wirkungslos. Nach § 249 Abs. 2 ZPO sind nur Prozesshandlungen, die gegenüber dem Gegner vorzunehmen sind, wirkungslos, nicht aber diejenigen, die gegenüber dem Gericht erfolgen müssen. Hierzu gehört die Einlegung der Rechtsbeschwerde[8]. Soweit die Arbeitgeberin ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr prozessführungsbefugt war, hat sie sich jedenfalls, indem sie in ihrer während des Laufs der Rechtsbeschwerdefrist übermittelten Rechtsbeschwerdebegründung auf die Einlegung der Rechtsbeschwerde Bezug genommen hat, die Einlegung zu eigen gemacht. Eine erneute Einlegung war daher entbehrlich[9].
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 21. Februar 2024 – 4 ABR 5/23
- BAG 25.05.2022 – 6 AZR 224/21, Rn. 17, BAGE 178, 120; 22.03.2016 – 1 ABR 10/14, Rn. 17, BAGE 154, 322[↩]
- BAG 18.10.2006 – 2 AZR 563/05, Rn.19 mwN, BAGE 120, 27; BGH 31.01.2023 – II ZR 169/22, Rn. 11[↩]
- BAG 28.08.2008 – 2 AZR 967/06, Rn. 36, BAGE 127, 342; 3.05.1994 – 1 ABR 58/93, zu B II 2 c bb der Gründe, BAGE 77, 1[↩]
- BAG 5.05.2015 – 1 AZR 763/13, Rn. 18, BAGE 151, 302; BGH 21.03.2013 – VII ZB 13/12, Rn. 14[↩]
- BAG 5.05.2015 – 1 AZR 763/13, Rn.19 mwN, BAGE 151, 302[↩]
- BAG 5.05.2015 – 1 AZR 763/13, Rn. 22, BAGE 151, 302; BGH 27.01.2011 – VII ZR 186/09, Rn. 35, BGHZ 188, 128[↩]
- so zum Urteilsverfahren BAG 18.12.2019 – 10 AZR 325/17, Rn. 10; 26.03.2015 – 2 AZR 483/14, Rn. 13[↩]
- vgl. BAG 5.05.2015 – 1 AZR 763/13, Rn. 27, BAGE 151, 302; 6.12.2006 – 5 AZR 844/06, Rn. 5[↩]
- vgl. BAG 24.06.2009 – 10 AZR 707/08 (F), Rn. 15 ff.[↩]







