Insolvenzanfechtung – und die Verjährungsunterbrechung per Mahnbescheid

Die Verjährung eines Anfechtungsanspruchs richtet sich gemäß § 146 Abs. 1 InsO nach den Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch.

Insolvenzanfechtung – und die Verjährungsunterbrechung per Mahnbescheid

Gemäß § 195 Abs. 1 BGB verjährt der Anfechtungsanspruch grundsätzlich nach drei Jahren. Die Verjährungsfrist läuft gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres an, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Der Rückgewähranspruch entsteht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens[1]. Folglich hat der Lauf der Frist aufgrund der am 30.10.2013 erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens frühestens mit Ablauf des 31.12.2013 begonnen und ist die Verjährung jedenfalls durch die am 21.12.2016 erfolgte Zustellung des Mahnbescheids rechtzeitig gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt worden.

Der Insolvenzverwalter darf für den geltend gemachten Anspruch vom Mahnverfahren Gebrauch machen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für den Eintritt der Hemmungswirkung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB nicht auf die Zulässigkeit, sondern allein auf die Wirksamkeit des auf den Mahnantrag erlassenen und zugestellten Mahnbescheids an, so dass bei hinreichender Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs dessen Verjährung auch dann gehemmt wird, wenn der Mahnantrag an Mängeln leidet oder sogar unzulässig ist oder wenn für die darin erhobene Forderung – von der Sachbefugnis abgesehen – noch nicht sämtliche Anspruchsvoraussetzungen vorliegen[2]. Der Insolvenzverwalter kann im Einzelfall wegen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) gehindert sein, sich auf die durch Einreichung oder Zustellung des Mahnantrags vor Ablauf der Verjährungsfrist (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB) gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, § 167 ZPO eingetretene Hemmung der Verjährung zu berufen, wenn er die von ihm im Mahnantrag gemäß § 690 Abs. 1 Nr. 4 ZPO geforderte Erklärung, dass der Anspruch nicht von einer Gegenleistung abhänge oder die Gegenleistung erbracht sei, bewusst falsch abgegeben hat[3]. Nach § 688 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf der Anspruch des Antragstellers nicht von einer Gegenleistung abhängen, die er vor Fälligkeit oder Zug um Zug gegen Erfüllung des Anspruchs zu erbringen hat[4].

Der Anfechtungsanspruch ist nicht als ein von einer Gegenleistung abhängiger Anspruch einzuordnen. Aus § 144 Abs. 1 InsO folgt nicht, dass die Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs nach § 143 InsO im Sinne des § 688 Abs. 2 Nr. 2 ZPO von einer noch nicht erbrachten Gegenleistung abhängig ist. Voraussetzung für das Wiederaufleben der Forderung ist nach dieser Bestimmung die tatsächliche Rückgewähr des Empfangenen, allein die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs reicht dagegen nicht aus[5]. Ein Zurückbehaltungsrecht des Anfechtungsgegners wegen der wiederauflebenden Forderung ist im Anfechtungsprozess ausgeschlossen[6]

Bundesgerichtshof, Urteil vom 22. Februar 2024 – IX ZR 106/21

  1. BGH, Urteil vom 01.02.2007 – IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 Rn.20[]
  2. BGH, Urteil vom 21.12.2011 – VIII ZR 157/11, NJW 2012, 995 Rn. 8 mwN[]
  3. BGH, Urteil vom 21.12.2011, aaO Rn. 7; vom 23.06.2015 – XI ZR 536/14, NJW 2015, 3160 Rn. 24[]
  4. MünchKomm-ZPO/Schüler, 6. Aufl., § 688 Rn. 11; Zöller/Seibel, ZPO, 35. Aufl., § 688 Rn. 3[]
  5. BGH, Urteil vom 04.02.2016 – IX ZR 42/14, NZI 2016, 307 Rn. 29[]
  6. HmbKomm-InsO/Rogge/Leptien, InsO, 9. Aufl., § 144 Rn. 13; MünchKomm-InsO/Kirchhof/Piekenbrock, 4. Aufl., § 144 Rn. 9[]