Restschuldbefreiung – und der unzulässige Versagungsantrag

Die Amtsermittlungspflicht des Insolvenzgerichts zu den Voraussetzungen eines Versagungstatbestandes greift erst ein, wenn der Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zulässig ist. Ein Versagungsantrag ist nur zulässig, wenn das Vorliegen eines Versagungsgrunds schlüssig dargelegt und erforderlichenfalls glaubhaft gemacht ist. Dabei ist ausschließlich der bis zum Schlusstermin gehaltene und glaubhaft gemachte Vortrag des Antragstellers zu berücksichtigen. 

Restschuldbefreiung – und der unzulässige Versagungsantrag

Die Versagung der Restschuldbefreiung setzt gemäß § 290 Abs. 1 InsO einen Antrag eines Gläubigers voraus. Gemäß § 290 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 InsO kann der Antrag bis zum Schlusstermin oder bis zur Entscheidung nach § 211 Abs. 1 InsO schriftlich gestellt werden; er ist nur zulässig, wenn ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird (§ 290 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 InsO).

Den Anforderungen an die Glaubhaftmachung (§§ 4 InsO, 294 ZPO) als Teil der Zulässigkeitsprüfung ist genügt, wenn für den geltend gemachten Versagungsgrund eine überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht[1]. Zum Zwecke der Glaubhaftmachung hat der Gläubiger bis zum Schlusstermin die notwendigen Beweismittel beizubringen. Ausnahmsweise kann sich die Glaubhaftmachung auf eine schlüssige Darstellung des Sachverhalts beschränken, sofern der Schuldner diesen nicht bestreitet[2]. Der Gläubiger ist allein dafür verantwortlich, die an die Glaubhaftmachung des Versagungsgrunds gestellten Anforderungen zu erfüllen. Ebenso wie im Stadium der Prüfung, ob ein Eröffnungsantrag zulässig ist, greift die Amtsermittlungspflicht des Insolvenzgerichts (§ 5 InsO) in diesem Verfahrensabschnitt nicht ein[3].

Auch wenn die von dem Antragsteller behaupteten Tatsachen unstreitig sind und deshalb keiner Glaubhaftmachung bedürfen, ist sein Versagungsantrag dennoch unzulässig, wenn sein Vortrag unschlüssig ist, weil auf der Grundlage der von ihm seinem Antrag zugrunde gelegten Tatsachen die Voraussetzungen eines Versagungsgrunds nicht erfüllt sind. Die Pflicht und die Befugnis des Insolvenzgerichts zur Ermittlung des weiteren Sachverhalts setzen erst ein, wenn der Gläubiger einen Versagungsgrund schlüssig vorträgt und erforderlichenfalls glaubhaft macht. Die Insolvenzordnung hat das Verfahren über den Antrag, die Restschuldbefreiung zu versagen, weitgehend kontradiktorisch ausgestaltet. Die Vorschrift des § 290 Abs. 2 InsO soll verhindern, dass das Insolvenzgericht auf bloße Vermutungen gestützte aufwändige Ermittlungen führen muss[4]. Dies gilt erst recht, wenn der Versagungsgrund schon auf der Grundlage der eigenen, wenn auch unstreitigen Darlegungen des Antragstellers im Zeitpunkt des Schlusstermins unschlüssig ist. 

Der letztmögliche Zeitpunkt, zu dem ein unzulässiger – unschlüssiger oder nicht glaubhaft gemachter – Antrag nachgebessert werden kann, ist der Schlusstermin. Die gemäß § 290 Abs. 2 InsO erforderliche Glaubhaftmachung des Versagungsgrunds muss spätestens dann erfolgen und kann im Beschwerdeverfahren nicht nachgeholt werden[5]. Erst recht ist das Nachschieben von Versagungsgründen im Beschwerdeverfahren unzulässig[6]. Tatsachen, die erstmals nach dem Schlusstermin in das Verfahren eingeführt werden, sind für die Zulässigkeit des Versagungsantrags mithin unerheblich. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn diese Tatsachen – wie hier – aufgrund einer nach dem Schlusstermin erfolgten Amtsermittlung des Insolvenzgerichts bekannt geworden sind. 

Die Schlüssigkeit und die Glaubhaftmachung des Versagungsantrags im maßgeblichen Zeitpunkt sind als Zulässigkeitsvoraussetzungen für einen erfolgreichen Versagungsantrag in jedem Verfahrensstadium von Amts wegen zu prüfen.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 7. März 2024 – IX ZB 47/22

  1. BGH, Beschluss vom 11.09.2003 – IX ZB 37/03, BGHZ 156, 139, 141 f[]
  2. BGH, Beschluss vom 11.09.2003, aaO S. 143[]
  3. BGH, Beschluss vom 11.09.2003, aaO S. 142[]
  4. BGH, Beschluss vom 11.09.2003 – IX ZB 37/03, BGHZ 156, 139, 142[]
  5. BGH, Beschluss vom 11.09.2003 – IX ZB 37/03, BGHZ 156, 139, 142 f; vom 05.04.2006 – IX ZB 227/04, ZVI 2006, 596 Rn. 6; vom 23.10.2008 – IX ZB 53/08, WM 2008, 2301 Rn. 9; vom 05.02.2009 – IX ZB 185/08, WM 2009, 619 Rn. 6[]
  6. BGH, Beschluss vom 23.10.2008, aaO Rn. 10; vom 05.02.2009, aaO[]