Erfolgt der Betriebsübergang bereits während der Arbeitsphase eines Altersteilzeit-Verhältnisses, tritt der Erwerber nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten ein.

Auch Altersteilzeit-Verhältnisse in der „Freistellungsphase“ einer nach dem Blockmodell gestalteten Altersteilzeitarbeit gehen nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf den Betriebserwerber über.
Altersteilzeit-Verhältnisse in der Freistellungsphase werden vom Wortlaut des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB erfasst. Sie bestehen als Teilzeitarbeitsverhältnisse in Form eines (nachträglich) befristeten Arbeitsverhältnisses während der Freistellungsphase im Blockmodell weiter. In diesem Zeitraum ruht das Arbeitsverhältnis auch nicht, da wegen der fortbestehenden Vergütungspflicht des Arbeitgebers keine vollständige Freistellung von beiderseitigen Hauptpflichten (Arbeits- und Vergütungspflicht) vorliegt. Dies entspricht Art. 3 Abs. 1 der RL 2001/23/EG, wonach „die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis“ aufgrund des Betriebsübergangs auf den Erwerber übergehen. Nach Art. 2 Abs. 2 RL 2001/23/EG lässt die Richtlinie das einzelstaatliche Recht in Bezug auf die Begriffsbestimmung des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses unberührt. Nach dem Gemeinschaftsrecht können also auch Altersteilzeitarbeitsverhältnisse als Arbeitsverhältnisse iSd. § 613a BGB behandelt werden. Nichts anderes ergibt sich aus der Gesetzessystematik, der Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung des § 613a Abs. 1 BGB.
Da die Beklagte den Betrieb in der Insolvenz erworben hat, haftet sie für die Altersteilzeitvergütung der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Juli 2006 nicht. Diese Vergütungsansprüche waren mit dem Abschluss der Arbeitsphase der Klägerin am 31. Juli 2003, also vor Insolvenzeröffnung, vollständig erarbeitet und wurden mit Insolvenzeröffnung fällig (§ 41 Abs. 1 InsO) . Sie sind daher Insolvenzforderungen.
Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Haftung des Erwerbers eines Betriebs in der Insolvenz beschränkt. Schon während der Geltung der Konkursordnung hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts den haftungsrechtlichen Teil des § 613a BGB teleologisch reduziert, soweit dieser „mit den Grundsätzen des Konkursverfahrens nicht zwanglos vereinbar“ ist. Für die Abwicklung aller Ansprüche, die zur Zeit der Konkurseröffnung bereits entstanden seien, sehe die Konkursordnung ein Verfahren vor, das von dem Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung beherrscht sei. Den besonderen Schutzbedürfnissen der Arbeitnehmer trage eine Reihe von Spezialregelungen, zB das Konkursausfallgeld, Rechnung. Auch der Insolvenzschutz der betrieblichen Altersversorgung gehöre in diesen Zusammenhang. Erhalte darüber hinaus die bei der Veräußerung eines Betriebs übernommene Belegschaft einen neuen zahlungskräftigen Haftungsschuldner für bereits entstandene Ansprüche, werde sie im Vergleich zu anderen Gläubigern und vor allem auch gegenüber den ausgeschiedenen Arbeitnehmern unangemessen bevorzugt. Dieser Vorteil müsse von den übrigen Gläubigern dadurch finanziert werden, dass der Betriebserwerber den Kaufpreis mit Rücksicht auf die übernommene Haftung regelmäßig mindere. Eine derart ungleiche Verteilung der Lasten sei mit dem Konkursrecht nicht vereinbar. Daher gelte § 613a BGB bei einer Betriebsveräußerung im Konkurs nicht für die Abwicklung von Ansprüchen, die bei Konkurseröffnung bereits entstanden seien. Dem haben sich für die Konkursordnung der Zweite Senat und der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts angeschlossen.
Nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts für Vergütungsansprüche aus einer Altersteilzeitvereinbarung entschieden, dass bei einer Altersteilzeitvereinbarung im Blockmodell der Übernehmer eines Betriebs oder Betriebsteils in der Insolvenz nur insoweit hafte, als die Arbeitsphase noch nach Insolvenzordnung andauere. Falle der Betriebsübergang dagegen bereits in die Freistellungsphase, sei die Haftung des Übernehmers ausgeschlossen. Auch die Insolvenzordnung wolle sicherstellen, dass alle Gläubiger gleichmäßig befriedigt würden. Die besonderen Verteilungsgrundsätze des Insolvenzrechts gingen als Spezialregelung § 613a BGB vor. Dies gelte jedenfalls für Insolvenzforderungen. Ansprüche aus einem nach der Insolvenzeröffnung fortbestehenden Arbeitsverhältnis seien nach § 108 Abs. 2 InsO Insolvenzforderungen, wenn es sich um solche “für” die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens handele. Werde die Erfüllung durch den Arbeitnehmer für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschuldet, handele es sich dagegen um Masseforderungen. Die Abgrenzung der Forderungen erfolge somit danach, wann die Arbeitsleistung, die den Ansprüchen zugrunde liege, erbracht worden sei. Im Blockmodell der Altersteilzeit sei das während der Freistellungsphase ausgezahlte Entgelt Gegenleistung für die bereits während der Arbeitsphase geleistete, über die verringerte Arbeitszeit hinausgehende Arbeit; der Anspruch darauf sei im insolvenzrechtlichen Sinn “für” diese Zeit geschuldet.
Dem haben sich im Grundsatz der Zehnte Senat (BAG, Urteil vom 23. Februar 2005 – 10 AZR 602/03 – BAGE 114, 13 = AP InsO § 55 Nr. 9 = EzA InsO § 209 Nr. 4) und der mit dem aktuellen Fall befasste achte Senat des Bundesarbeitsgerichts angeschlossen. Der Erwerber eines Betriebs aus der Insolvenz haftet “jedenfalls” für das Entgelt, das “spiegelbildlich” für die Vorleistung geschuldet wird, welche der Arbeitnehmer während der nach Insolvenzeröffnung noch andauernden Arbeitsphase erbringt.
Im Schrifttum ist die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Haftungsbeschränkung des Betriebserwerbers in der Insolvenz mit überwiegender Zustimmung zur Kenntnis genommen worden. Dies gilt auch für die Anwendung dieser Grundsätze auf Vergütungsansprüche aus einem Altersteilzeit-Verhältnis.
Der erkennende achte Senat des Bundesarbeitsgerichts hält auch jetzt an den Haftungsbeschränkungen bei Betriebserwerb in der Insolvenz fest. Der Gesetzgeber hat bei der Schaffung des neuen Insolvenzrechts ab 1. Januar 1999 keine Veranlassung gesehen, an der durch die Rechtsprechung entwickelten teleologischen Reduktion der Haftungsregelung des § 613a BGB etwas zu ändern . Bei Altersteilzeit-Vereinbarungen im “Blockmodell” wird der Vergütungsanspruch während der Arbeitsphase “erarbeitet”, aus sozialversicherungstechnischen Gründen wird lediglich seine Fälligkeit hinausgeschoben und er wird während der “Freistellungsphase” monatlich abrufbar gestaltet.
Auch steht der insolvenzrechtlich bedingten Haftungseinschränkung des § 613a Abs. 1 BGB nicht die Richtlinie 2001/23/EG entgegen. Art. 5 Abs. 1 der RL 2001/23/EG sieht grundsätzlich eine Geltung der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zum Übergang des Arbeitsverhältnisses und zum Kündigungsschutz bei einem Betriebsübergang (Art. 3 und Art. 4 der RL 2001/23/EG) dann nicht vor, wenn gegen den Veräußerer ein Konkursverfahren oder ein entsprechendes Verfahren mit dem Ziel der Auflösung des Vermögens des Veräußerers eröffnet wurde. Zugleich bestimmt Art. 5 Abs. 1 RL 2001/23/EG aber auch, dass das Recht der Mitgliedstaaten anderes vorsehen kann. Davon hat der Deutsche Gesetzgeber Gebrauch gemacht; § 613a BGB gilt grundsätzlich auch im Fall einer Insolvenzeröffnung, selbst wenn das Insolvenzverfahren als „entsprechendes Verfahren mit dem Ziel der Auflösung des Vermögens des Veräußerers“ zu verstehen ist. Ist somit durch das nationale Recht die Geltung der Art. 3 und 4 der RL 2001/23/EG für einen Übergang während eines Insolvenzverfahrens gegen den Veräußerer (und zwar unabhängig davon, ob dieses Verfahren zur Auflösung seines Vermögens eingeleitet wurde) geregelt, so bestimmt Art. 5 Abs. 2a, dass ein Mitgliedsstaat vorsehen kann, dass die „vor dem Übergang bzw. vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fälligen Verbindlichkeiten des Veräußerers aufgrund von Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen nicht auf den Erwerber übergehen“, sofern das Insolvenzverfahren einen dem übrigen Gemeinschaftsrecht entsprechenden Schutz gewährt.
Wann Verbindlichkeiten fällig werden, bestimmt das nationale Recht der Mitgliedsstaaten. Die Vergütungsansprüche aus einem Altersteilzeit-Verhältnis, die in ihrer Fälligkeit während der Freistellungsphase grundsätzlich hinausgeschoben sind, werden nach § 41 Abs. 1 InsO mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig. Sinn des Insolvenzverfahrens ist es, das gesamte Vermögen des Schuldners unter alle Gläubiger zu verteilen. Dies erfordert auch die Berücksichtigung noch nicht fälliger Forderungen (vgl. MünchKommInsO-Bitter 2. Aufl. § 41 Rn. 1) . Die Vergütungsansprüche der Klägerin für die Freistellungsphase ihres Altersteilzeit-Verhältnisses gelten mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der R am 31. Juli 2004 daher als fällig. Sie sind damit vor dem Betriebsübergang auf die Beklagte am 1. Januar 2005 fällig gewesen und konnten nach dem insoweit klaren und einer Auslegung nicht zugänglichen Wortlaut der RL 2001/23/EG durch das nationale Recht des Mitgliedsstaats vom Übergang auf den Erwerber ausgenommen werden. Anhaltspunkte dafür, dass die Fälligkeit von Verbindlichkeiten anders als durch nationales Recht geregelt wird, sind dem Gemeinschaftsrecht nicht zu entnehmen. Da sich die RL 2001/23/EG zur Frage, wann Verbindlichkeiten fällig werden, nicht verhält, und nur die Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang zum Gegenstand hat, lässt sich auch bei einer an der RL 2001/23/EG orientierten „richtlinienkonformen Auslegung“ für die Frage der Haftungseinschränkung des Betriebserwerbers in der Insolvenz nichts Gegenteiliges herleiten. Die Frage der Auslegung von Gemeinschaftsrecht, die in die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs gehört, stellt sich vorliegend nicht.
Die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen gestattet es, im Fall des Betriebserwerbs während eines Insolvenzverfahrens die vor dem Betriebsübergang fälligen Verbindlichkeiten des Veräußerers aus Arbeitsverhältnissen vom Übergang auszunehmen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. Oktober 2008 – 8 AZR 54/07







