Durch die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung wird das Verfahren nicht nach § 240 ZPO unterbrochen.

Nach § 240 Satz 1 ZPO wird im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Eine Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegt hier nicht vor. Die vorläufige Eigenverwaltung nach § 270a Abs. 1 InsO ist Teil des Eröffnungsverfahrens. Erst die Eigenverwaltung im eröffneten Insolvenzverfahren bewirkt die Unterbrechung nach § 240 Satz 1 ZPO [1].
Eine Unterbrechung ist bei Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung auch nicht nach § 240 Satz 2 ZPO erfolgt. Demnach wird das Verfahren unterbrochen, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht. Dies betrifft abgesehen von Fällen einer gesonderten gerichtlichen Ermächtigung nur den sog. „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 22 Abs. 1 InsO, denn der zivilprozessuale Normzweck des § 240 ZPO knüpft an die Prozessführungsbefugnis an [2]. Bei Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung wird nach § 270a Abs. 1 InsO aber gerade kein allgemeines Verfügungsverbot und kein Zustimmungsvorbehalt angeordnet. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und damit auch die Prozessführungsbefugnis verbleibt beim Schuldner. § 240 Satz 2 ZPO findet damit keine Anwendung [3].
Allerdings ist zu beachten, dass sich die Sachlage auch für den eigenverwaltenden Schuldner durch den Insolvenzantrag und das Eröffnungsverfahren geändert hat. Er hat nunmehr insolvenzspezifische Verpflichtungen im Rahmen der vorläufigen Eigenverwaltung zu erfüllen [4] und muss sich gegebenenfalls diesbezüglich mit dem vorläufigen Sachwalter abstimmen. Dies kann sich auf die weitere Prozessführung auswirken. Zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens kann es daher geboten sein, nach § 224 Abs. 2 ZPO Fristverlängerungen zu gewähren oder nach § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO Termine zu verlegen [5]. Dies war hier nicht veranlasst und wurde von der Beklagten zu 2. auch nicht beantragt.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. Mai 2020 – 6 AZR 235/19
- vgl. BAG 22. August 2017 – 1 AZR 546/15 (A) – Rn. 12; 5. Mai 2015 – 1 AZR 763/13 – Rn. 16, BAGE 151, 302; BGH 7. Dezember 2006 – V ZB 93/06 – Rn. 6[↩]
- vgl. BGH 16. Mai 2013 – IX ZR 332/12 – Rn. 16; Musielak/Voit/Stadler ZPO 17. Aufl. § 240 Rn. 3; MünchKomm-ZPO/Stackmann 5. Aufl. § 240 Rn. 13[↩]
- LG Freiburg (Breisgau) 9. Mai 2014 – 12 O 62/13 – zu 1 b und c der Gründe; HK-InsO/Brünkmans 9. Aufl. § 270a Rn. 23; Uhlenbruck/Zipperer 15. Aufl. § 270a InsO Rn. 24[↩]
- vgl. hierzu BGH 21. Juli 2016 – IX ZB 70/14 – Rn. 70 ff., BGHZ 211, 225; Nerlich/Römermann/Riggert InsO Stand April 2018 § 270a Rn. 15a[↩]
- vgl. BGH 20. Dezember 2011 – VI ZR 14/11 – Rn. 46[↩]