Die auf Anweisung des zahlungsunfähigen Zwischenmieters erfolgte Direktzahlung des Endmieters an den Vermieter gewährt diesem eine inkongruente Deckung, welche die Gläubiger des Zwischenmieters objektiv benachteiligt.

Ein Anfechtungsanspruch aus §§ 129 ff, 143 Abs. 1 InsO scheitert in diesem Fall nicht am Fehlen einer objektiven Gläubigerbenachteiligung. Eine Gläubigerbenachteiligung im Sinne der insolvenzrechtlichen Anfechtungsvorschriften liegt vor, wenn eine Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Schuldnervermögen vereitelt, erschwert oder verzögert hat. Eine Verkürzung der Masse kann insbesondere dann eintreten, wenn eine dem Schuldner zustehende Forderung durch Zahlung an einen Dritten getilgt wird, weil der Schuldner für die Befriedigung des Zahlungsempfängers einen Vermögensgegenstand aufgibt, der anderenfalls den Gläubigern insgesamt zur Verfügung gestanden hätte.
Die hier in Rede stehende Mietforderung der Schuldnerin aus dem mit der Endmieterin geschlossenen Mietvertrag vom April 2007 stand ausschließlich der Schuldnerin zu. Aus dem Mietvertrag für gewerbliche Zwischenvermietung vom Januar 2005 hatten die Kläger nur Ansprüche gegen die Schuldnerin, einen unmittelbaren Anspruch gegen die Endmieterin gab es nicht. Auf die Frage, ob die Schuldnerin überhaupt Einnahmen durch Weitervermietung erzielen konnte, sollte es im Hinblick auf die von ihr gegen Entgelt übernommene Mietgarantie gerade nicht ankommen. Nach § 2 der “Allgemeinen Bedingungen für die gewerbliche Zwischenvermietung” sollte die Schuldnerin das wirtschaftliche Risiko der Erstvermietung, Weitervermietung und des Mietausfalls der Kaltmiete tragen. Damit mussten ihr auch die Einnahmen aus der Weitervermietung zustehen. Eine Vereinbarung zwischen den Klägern und der Schuldnerin über die Änderung dieser Vertragsbedingungen, aufgrund derer die Zahlung unmittelbar von der Endmieterin an die Kläger zu leisten war, hat es unstreitig nicht gegeben.
Die in diesem Zusammenhang angestellte Erwägung der Revision der Kläger, diese hätten ohne eine insolvenzfeste Übertragung der Ansprüche der Schuldnerin gegen die Endmieterin auf sie durch die Anweisung zur Direktzahlung vom 15. Oktober 2007 nur die Möglichkeit gehabt, das Mietverhältnis mit der Schuldnerin wegen der offenen Mieten aus Juli und Oktober 2007 fristlos zu kündigen und damit die Krise der Schuldnerin noch zu verschärfen, ist im Rahmen der Prüfung, ob eine Gläubigerbenachteiligung vorliegt, nicht erheblich. Die Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Rechtshandlung und der Gläubigerbenachteiligung ist aufgrund des realen Geschehens zu beurteilen. Für hypothetische, nur gedachte Kausalverläufe ist insoweit kein Raum. Dass die Kündigung ohne die Anweisung zur Direktzahlung tatsächlich erfolgt wäre, konnte das Gericht ohnehin nicht feststellen. Die Kläger hätten mit der Kündigung die Mietgarantie verloren.
Die Würdigung, die Gläubiger der Schuldnerin hätten infolge der Anweisung vom 15. Oktober 2007 nur noch Zugriff auf eine verminderte Aktivmasse gehabt, ist zutreffend. Die Schuldnerin hat durch ihre mittelbare Zuwendung den Klägern volle Deckung ihres Mietzahlungsanspruchs verschafft zu Lasten ihrer anderen Gläubiger. Denn was einem Gläubiger zugewendet wird, kann für die Befriedigung der anderen nicht mehr eingesetzt werden.
Auch die übrigen Voraussetzungen eines Anfechtungsanspruchs aus § 131 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 143 Abs. 1 InsO sind erfüllt.
In der Rechtsprechung ist seit jeher anerkannt, dass Befriedigungen, die nicht in der Art erbracht werden, in der sie geschuldet sind, eine inkongruente Deckung im Sinne von § 30 Nr. 2 KO gewähren. Für § 131 Abs. 1 InsO gilt dieser Grundsatz wie schon unmittelbar dem Wortlaut der Bestimmung entnommen werden kann, gleichermaßen. Die Insolvenzgläubiger benachteiligende nicht geschuldete Direktzahlungen, die ein Dritter auf Anweisung des Schuldners erbringt, sind dem Empfänger gegenüber als inkongruente Deckung anfechtbar. Dies gilt auch für Mietzahlungen, die der Endmieter auf Anweisung des Zwischenmieters an den Vermieter entgegen der vertraglichen Vereinbarung leistet. Denn der Vermieter hat keinen Anspruch darauf, seine Forderung gegen den Zwischenmieter in dieser Art – aufgrund einer Zahlungsanweisung an den Endmieter – durch diesen als Dritten erfüllt zu bekommen. Darin liegt eine nicht unerhebliche Abweichung vom normalen Zahlungsweg des Zwischenmieters an den Vermieter. Derartige Direktzahlungen sind zudem besonders verdächtig, wenn sie – wie hier – an einen Zahlungsverzug des Zwischenmieters und damit typischerweise an dessen Liquiditätsschwierigkeiten anknüpfen.
Aus den Besonderheiten des Mietverhältnisses als Dauerschuldverhältnis folgt hier nichts anderes. Ob das Mietverhältnis bei fristloser Kündigung durch die Kläger auf die Endmieterin übergegangen wäre, ist unerheblich, weil eine fristlose Kündigung unterblieben ist. Mieterschutzrechtliche Gesichtspunkte gebieten keine andere Sichtweise. Auch wenn gemäß § 566c Satz 1 BGB Anweisungen des Zwischenmieters vom Endmieter zu befolgen sind, hat die fehlende Kongruenz der Anweisung keine mieterschädlichen Auswirkungen. Anfechtbar ist die von den vertraglichen Vereinbarungen abweichende Befriedigung gegenüber dem Vermieter als Empfänger, nicht gegenüber dem Endmieter als Leistendem. Der Schutz des Endmieters, der sich auf die Anweisung des Zwischenmieters berufen kann, bleibt gewahrt. Dass eine periodische Verpflichtung vorliegt und keine Einmalzahlung geschuldet wird, ändert nichts an der Inkongruenz der von den Vereinbarungen abweichenden Befriedigung. Der Einwand des Bargeschäfts kann schon wegen der Inkongruenz der Art der Leistungserbringung nicht greifen.
Die hier in Rede stehenden Zahlungen hat die Schuldnerin in den Monaten Januar bis Juni 2008 veranlasst. Sie gingen entweder im zweiten und dritten Monat vor der Antragstellung im März 2008 oder in diesem Monat und danach ein. Die Schuldnerin war spätestens im November 2007 zahlungsunfähig. Die weiteren Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO liegen damit vor.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. Januar 2011 – IX ZR 58/10