Die Regelung des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO soll sicherstellen, dass Prozesskostenhilfe nur gewährt wird, wenn die Kosten nicht von den Vermögensträgern aufgebracht werden können, denen ein Erfolg des beabsichtigten Rechtsstreits zugutekommt. Bei einem vom Insolvenzverwalter zugunsten der Insolvenzmasse geführten Rechtsstreit sind dies bei unzulänglicher Masse vor allem die Insolvenzgläubiger, die bei einem erfolgreichen Ausgang des Rechtsstreits mit einer verbesserten Befriedigung ihrer Ansprüche aus der zur Verteilung zur Verfügung stehenden Masse rechnen und deshalb als wirtschaftlich Beteiligte gelten können[1].

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist den Gläubigern ein Vorschuss auf die Prozesskosten nur dann zumutbar, wenn der zu erwartende Nutzen deutlich größer ist als die aufzubringenden Kosten. Das ist regelmäßig nicht der Fall, wenn der zu erwartende Ertrag weniger als das Doppelte des anfallenden Kostenbeitrags beträgt[2]. In einer anderen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof darauf abgestellt, der zu erwartende Ertrag müsse regelmäßig deutlich mehr als das Doppelte des aufzubringenden Vorschusses betragen[3].
Im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Streitfall betrug der für das beabsichtigte Berufungsverfahren zu leistende Kostenvorschuss 1.617,40 € (4,0 Gerichtsgebühr nach Nr. 1220 KV GKG in Höhe von 584 € zuzüglich einer 1,6 Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG in Höhe von 484,80 € und einer 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV RVG in Höhe von 363,60 € zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 185 €). Um einen Kostenvorschuss zumutbar erscheinen zu lassen, musste der für die vorschusspflichtigen Gläubiger zu erwartende Ertrag demnach zumindest 3.234, 80 € betragen. Ein Ertrag in dieser Höhe war voraussichtlich selbst dann nicht zu erzielen, wenn man weder ein Verfahrens- noch ein Vollstreckungsrisiko[4] berücksichtigte. Von dem dann zu erwartenden Gesamtertrag in Höhe von 5.000 € nebst Zinsen waren nämlich die – durch den Ertrag erhöhten – Kosten des Insolvenzverfahrens abzuziehen. Schon die der Insolvenzverwalterin unter Berücksichtigung des Regelsatzes gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 InsVV zustehende Vergütung hätte den für die vorschusspflichtigen Gläubiger zu erwartenden Ertrag unter die maßgebliche Schwelle gemindert.
Die Annahme einer Vorschusspflicht der Gläubiger lag unter Berücksichtigung des Vorstehenden zwar fern, war aber nicht von vornherein ausgeschlossen. Das Berufungsgericht war vor diesem Hintergrund nicht daran gehindert, ergänzende Angaben der Insolvenzverwalterin zur näheren Beurteilung der Vorschusspflicht zu fordern. Dass es gerade solche Angaben vermisste, war der Verfügung des Vorsitzenden allerdings nicht mit hinreichender Deutlichkeit[5] zu entnehmen. § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO macht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Partei kraft Amtes von zwei Voraussetzungen abhängig, die kumulativ vorliegen müssen. Zum einen dürfen die Kosten nicht aus der verwalteten Vermögensmasse aufzubringen sein. Zum anderen darf den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten sein, die Kosten aufzubringen.
Unter Berücksichtigung dessen konnte sich die Aufforderung zur Einreichung einer „kompletten Auskunft über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Masse“ auch allein auf die erste Voraussetzung beziehen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Annahme einer Vorschusspflicht der Gläubiger aufgrund der erkennbaren äußeren Umstände fernlag. Dass die Insolvenzverwalterin nach Erhalt des Schreibens gemäß Verfügung vom 15.07.2019 keine ergänzenden Angaben zur Frage der Vorschusspflicht gemacht hat, beseitigte deshalb das notwendige Vertrauen in die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug nicht.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 4. März 2021 – IX ZB 17/20
- BGH, Beschluss vom 21.01.2016 – IX ZB 24/15, WM 2016, 425 Rn. 14; vom 18.05.2017, aaO[↩]
- BGH, Beschluss vom 19.07.2018 – IX ZB 45/16, NZI 2018, 862 Rn. 9[↩]
- BGH, Beschluss vom 26.04.2018 – IX ZB 29/17, NZI 2018, 581 Rn. 12[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 26.04.2018, aaO Rn.16; vom 19.07.2018, aaO Rn. 8[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 14.05.2013 – II ZB 22/11, BeckRS 2013, 10758 Rn. 14[↩]