Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwirkt der Insolvenzverwalter seinen Anspruch auf Vergütung entsprechend dem der Regelung des § 654 BGB zugrundeliegenden allgemeinen Rechtsgedanken, wenn er vorsätzlich oder grob leichtfertig die ihm obliegende Treuepflicht so schwerwiegend verletzt, dass er sich seines Lohnes als „unwürdig“ erweist.

Da der Insolvenzverwalter einen gemäß Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Vergütung seiner Tätigkeit hat, kommt ein Ausschluss der Vergütung bei Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes allerdings nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht. Es genügt nicht jede objektiv erhebliche Pflichtverletzung. Die Versagung jeglicher Vergütung kommt vielmehr nur bei einer schweren, subjektiv in hohem Maße vorwerfbaren Verletzung der Treuepflicht in Betracht.
Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn der Insolvenzverwalter besonders schwerwiegende Pflichtverletzungen in Form von Straftaten zum Nachteil der Masse begangen hat[1].
Den entscheidenden Grund für die Beurteilung, dass der Anspruch auf Vergütung verwirkt ist, bildet der schwere Treuebruch des Verwalters gegenüber dem Insolvenzgericht, das ihn zum Insolvenzverwalter bestellt hat. Das Insolvenzgericht hat zum Insolvenzverwalter nach § 56 Abs. 1 InsO eine geeignete Person zu bestellen. Zu den persönlichen Anforderungen an den Insolvenzverwalter gehört neben der fachlichen Qualifikation auch seine persönliche Integrität, insbesondere seine Ehrlichkeit[2]. Deshalb kann die Verwirkung des Vergütungsanspruchs grundsätzlich nur auf Pflichtverletzungen des Verwalters bei der Ausübung des konkreten Amtes gestützt werden, für das er eine Vergütung beansprucht[3].
Dagegen führen Pflichtverletzungen des Insolvenzverwalters in anderen Verfahren nur unter besonderen Umständen zum Verlust des Anspruchs auf die Vergütung[4]. So kommt die Versagung der Vergütung grundsätzlich nur bei gewichtigen, vorsätzlichen oder zumindest leichtfertigen Pflichtverstößen in Betracht[5].
Allerdings kann eine einmalige, in der Begehung einer Straftat zum Ausdruck kommende Pflichtverletzung genügen, denn auch eine in einem anderen Verfahren verübte Straftat kann die charakterliche Eignung des Verwalters, fremdes Vermögen zu verwalten, entfallen lassen[6].
Zudem sind Vergütungsansprüche auch dann ausgeschlossen, wenn der Insolvenzverwalter seine Bestellung in strafbarer Weise erschleicht und damit im eigenen wirtschaftlichen Interesse eine Gefährdung der erfolgreichen Abwicklung des Insolvenzverfahrens in Kauf nimmt[7].
Ein Insolvenzverwalter ist aber nicht verpflichtet, dem Insolvenzgericht vor der Bestellung ungefragt jegliche Pflichtwidrigkeit aus anderen Verfahren mitzuteilen. Daher führt eine unterlassene Offenbarung von Pflichtverletzungen in anderen Insolvenzverfahren grundsätzlich nicht zum Verlust des Vergütungsanspruchs[8]. Vielmehr muss die unterlassene Offenbarung der Pflichtverletzungen in anderen Insolvenzverfahren selbst eine schwere, subjektiv in hohem Maße vorwerfbare Verletzung der Treuepflicht darstellen[9]. Dies kommt erst in Betracht, wenn es sich um Pflichtwidrigkeiten in einem Ausmaß handelt, bei dem im Falle des Bekanntwerdens nach der Bestellung die sofortige Entlassung aus dem Amt des Verwalters nach § 59 InsO nicht nur gerechtfertigt, sondern die zwingende Folge wäre. Denn der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet eine enge Begrenzung der Fälle, in denen ein Anspruch auf Vergütung ausgeschlossen ist[10].
Verhaltensweisen des früheren Treuhänders, die als eine derart schwere Verletzung der ihm obliegenden Treuepflicht zu werten wären, sind durch das Beschwerdegericht nicht festgestellt worden. Allein der Umstand, dass der frühere Treuhänder bei seiner Bestellung im hiesigen Verfahren dem Insolvenzgericht nicht mitgeteilt hat, es sei einem anderen Insolvenzverfahren durch ihn als Insolvenzverwalter zu einer doppelten Entnahme der Vergütung in Höhe von 7.787, 44 € gekommen, reicht hierfür nicht aus. Vielmehr ist das konkrete pflichtwidrige Verhalten des früheren Treuhänders nach Art, Inhalt und Umfang festzustellen und sind stets die Umstände im Hinblick auf die dem Insolvenzverwalter gegenüber dem Insolvenzgericht obliegende Treuepflicht zu würdigen[11].
Eine Versagung der Vergütung kommt im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erst in Betracht, wenn gewichtige, vorsätzliche oder zumindest leichtfertige Pflichtverstöße des früheren Treuhänders in anderen Insolvenzverfahren festgestellt worden sind, deren unterlassene Offenbarung selbst eine schwere, subjektiv in hohem Maße vorwerfbare Verletzung der Treuepflicht darstellt. Ein entscheidendes Gewicht liegt bei der Frage der subjektiven Vorwerfbarkeit der Treuepflichtverletzung[12].
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12. September 2019 – IX ZB 75/18
- BGH, Beschluss vom 22.11.2018 – IX ZB 14/18, ZIP 2019, 82 Rn. 16 mwN[↩]
- BGH, Beschluss vom 14.07.2016 – IX ZB 52/15, ZIP 2016, 1648 Rn. 8 mwN[↩]
- BGH, Beschluss vom 21.09.2017 – IX ZB 28/14, ZIP 2017, 2063 Rn. 11[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 21.09.2017, aaO[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 06.05.2004 – IX ZB 349/02, BGHZ 159, 122, 132[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 17.03.2011 – IX ZB 192/10, WM 2011, 663 Rn.20[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 06.05.2004, aaO[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 14.07.2016 – IX ZB 52/15, ZIP 2016, 1648 Rn. 9[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 14.07.2016, aaO Rn. 6[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 09.06.2011 – IX ZB 248/09, ZIP 2011, 1526 Rn. 6[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 22.11.2018 – IX ZB 14/18, ZIP 2017, 2063 Rn.19[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 06.05.2004 – IX ZB 349/02, BGHZ 159, 122, 131[↩]