Im Falle der Beteiligung des Insolvenzschuldners an einer Personengesellschaft ist es zur Begründung von Masseverbindlichkeiten ausreichend, wenn die Beteiligung im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehörte und die Einkünfte hieraus nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erzielt wurden.

Diese Rechtsgrundsätze gelten im Falle einer treuhänderisch gehaltenen Beteiligung des Insolvenzschuldners an einer Personengesellschaft entsprechend, wenn die auf die Treuhand-Gesellschafter entfallenden Gewinnanteile an der Personengesellschaft auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens weiterhin steuerrechtlich dem Insolvenzschuldner als Mitunternehmer zuzurechnen sind.
Werden in einem bestandskräftigen Feststellungsbescheid die Gewinnanteile der Treuhand-Gesellschafter trotz des Insolvenzverfahrens weiterhin dem Insolvenzschuldner als Mitunternehmer steuerlich zugerechnet, so ist aufgrund der Bindungswirkung dieses Grundlagenbescheids für das Einkommensteuerverfahren vom Fortbestand des Treuhandverhältnisses auszugehen.
Die Bindungswirkung der für die Personengesellschaft und die Treuhand ergangenen Feststellungsbescheide erstreckt sich nicht auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 InsO, die daher im Einkommensteuerverfahren eigenständig zu prüfen sind.
Durch die bestandskräftigen Feststellungsbescheide (hier:) für das Jahr 2010 betreffend die B‑KG steht für die Einkommensteuer 2010 bindend fest, dass die den Treuhandkommanditisten zugewiesenen Gewinnanteile aufgrund insolvenzrechtlich fortbestehender Treuhandverträge dem Insolvenzschuldner als Mitunternehmer zuzurechnen sind und er insoweit Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 99.000 EUR erzielt hat. Die hierauf entfallende Einkommensteuer stellt eine Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO dar.
Die dem Insolvenzverwalter gegenüber bekanntgegebenen bestandskräftigen Feststellungsbescheide für das Jahr 2010 betreffend die B‑KG sind als Grundlagenbescheide gemäß § 182 Abs. 1 Satz 1 AO für den Einkommensteuerbescheid 2010 als Folgebescheid bindend. Die Bindungswirkung erstreckt sich auf die Feststellungen, dass den Treuhandkommanditisten bestimmte Anteile am Gewinn der B‑KG zugewiesen sind, diese Anteile dem Insolvenzschuldner als Mitunternehmer zugerechnet werden und er insoweit Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 99.000 EUR erzielt hat. Da der Insolvenzschuldner zivilrechtlich nicht Gesellschafter der B‑KG war, setzt die ‑verfahrensrechtlich bindend vorgenommene- steuerliche Zurechnung der Besteuerungsgrundlagen der Treuhandkommanditisten beim Insolvenzschuldner materiell-rechtlich zugleich voraus, dass die Treuhandverträge betreffend die B‑KG durch das im Jahr 2003 eröffnete Insolvenzverfahren insolvenzrechtlich nicht erloschen waren. Von dem Fortbestand dieser Treuhandverträge ist daher für das Einkommensteuerverfahren aufgrund der dargestellten Bindungswirkung ohne nochmalige materiell-rechtliche Prüfung auszugehen.
Die auf die treuhänderische Beteiligung an der B‑KG entfallende Einkommensteuer ‑für den Zeitraum vom 15.03.2010 bis zum 31.12.2010- stellt eine Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO dar.
Die Bindungswirkung der Feststellungsbescheide erstreckt sich nicht auf § 55 Abs. 1 InsO. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser insolvenzrechtlichen Vorschrift sind im Einkommensteuerverfahren eigenständig zu prüfen.
Entscheidend für die Qualifikation der Einkommensteuerschulden als Masseverbindlichkeiten ist im Streitfall -§ 55 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 InsO sind offensichtlich nicht einschlägig‑, ob die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegeben sind. Danach sind Masseverbindlichkeiten die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Vorliegend sind die Tatbestandsmerkmale des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO erfüllt.
Die in Rede stehenden Einkünfte des Insolvenzschuldners an der B‑KG fielen in die Insolvenzmasse.
Gemäß § 35 Abs. 1 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).
Im Streitfall umfasste das Vermögen ‑wie das Finanzgericht zutreffend erkannt hat- nicht nur das Recht auf Annahme des von den Treuhändern notariell beurkundeten Abtretungsangebots, sondern im Streitjahr 2010 vor allem auch den Anspruch auf Herausgabe des Erlangten (der Gewinnanteile der Treuhandkommanditisten an der B‑KG). Denn die Gewinne waren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden und damit Teil der Insolvenzmasse, da der Insolvenzverwalter diesbezüglich keine Freigabe erklärt hatte[1].
Danach mögen zwarinsolvenzrechtlich nicht unmittelbar die Beteiligungen der Treuhandkommanditisten an der B‑KG selbst dem Insolvenzbeschlag unterlegen haben, jedoch fielen der Abtretungs- und der Herausgabeanspruch ‑insoweit kann von der „treuhänderisch gehaltenen Beteiligung an der B‑KG“ gesprochen werden- sowie die hieraus resultierenden Einkünfte in die Insolvenzmasse.
Die auf die Einkünfte des Insolvenzschuldners an der B‑KG entfallende Einkommensteuer für den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung erfüllte ‑was die Zuordnung zu den insolvenzrechtlichen Forderungskategorien betrifft- die Voraussetzungen für die Annahme einer Masseverbindlichkeit.
Im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits begründete Steueransprüche sind zur Insolvenztabelle anzumelden. Nach Insolvenzeröffnung begründete Steueransprüche, die als Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 InsO zu qualifizieren sind, sind gegenüber dem Insolvenzverwalter durch Steuerbescheid festzusetzen[2]. Alle sonstigen Ansprüche sind insolvenzfrei. Die einheitliche Einkommensteuerschuld ist gegebenenfalls in eine Insolvenzforderung, eine Masseforderung und eine insolvenzfreie Forderung aufzuteilen, wobei über die Zuordnung der Einkommensteuerschuld zu den unterschiedlichen insolvenzrechtlichen Forderungskategorien nicht im einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsverfahren, sondern erst im Einkommensteuerfestsetzungsverfahren zu entscheiden ist. Denn diese Zuordnung betrifft allein die Auswirkung der unterschiedlichen Vermögensmassen eines Insolvenzverfahrens auf die Einkommensteuerfestsetzung[3]. Der gegen die Masse gerichtete Bescheid ist ein gegenständlich beschränkter Steuerbescheid, mit dem die Einkommensteuer festgesetzt wird; er ist Teil des Festsetzungsverfahrens[4].
Die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen und (sonstigen) Masseverbindlichkeiten richtet sich ausschließlich nach dem Zeitpunkt der insolvenzrechtlichen Begründung. Entscheidend ist dabei, ob und wann ein Besteuerungstatbestand nach seiner Art und Höhe tatbestandlich verwirklicht und damit die Steuerforderung insolvenzrechtlich begründet worden ist. Dies richtet sich allein nach steuerrechtlichen Grundsätzen[5]. Für die insolvenzrechtliche Begründung des Einkommensteueranspruchs kommt es deshalb darauf an, ob der einzelne (unselbständige) Besteuerungstatbestand ‑insbesondere die Erzielung von Einkünften nach § 2 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG)- vor oder nach Insolvenzeröffnung verwirklicht wurde. Entscheidend ist, wann der Tatbestand, an den die Besteuerung knüpft, vollständig verwirklicht ist[6]. Auf die steuerrechtliche Entstehung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis[7] und deren Fälligkeit kommt es dagegen nicht an[8].
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Finanzamt zu Recht die aus der treuhänderischen Beteiligung an der B‑KG resultierende Einkommensteuerschuld für den Zeitraum vom 15.03.2010 bis zum 31.12.2010 der Kategorie der Masseverbindlichkeit zugeordnet. Im Streitfall war nämlich der in Rede stehende Besteuerungstatbestand des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 EStG nach Insolvenzeröffnung verwirklicht worden. Auf einen Zufluss von Einnahmen kam es bei der B‑KG, die als Personenhandelsgesellschaft als Kaufmann gilt (vgl. § 6 Abs. 1 HGB) und dementsprechend zur Buchführung und Bilanzierung verpflichtet war (vgl. §§ 238 ff. HGB), und der sich hiernach richtenden Gewinnzurechnung bei ihren Gesellschaftern bzw. beim treuhänderisch beteiligten Insolvenzschuldner nicht an.
Die Einkommensteuerschulden betreffend die Einkünfte aus der treuhänderischen Beteiligung an der B‑KG sind ‑als weitere Voraussetzung für die Begründung von Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO-„in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse“ begründet worden; sie gehören nicht zu den Kosten des Insolvenzverfahrens gemäß § 54 InsO.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Masseforderungen u.a. diejenigen Einkommensteuerschulden, die sich aus „echten“ Gewinnen der Personengesellschaft ergeben. In diesem Fall kommt der gegen die Gesellschaft gerichtete Gewinnanspruch unmittelbar der Insolvenzmasse zugute[9].
Seit seinem Urteil in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429 erachtet es der Bundesfinanzhof ‑im Falle der Beteiligung des Insolvenzschuldners an einer Personengesellschaft- zur Begründung einer Masseverbindlichkeit für ausreichend, wenn die Beteiligung zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehörte und die Einkünfte hieraus nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erzielt wurden. Zur Begründung hat der Bundesfinanzhof darauf hingewiesen, das Gesetz sehe ausdrücklich vor, dass Masseverbindlichkeiten nicht nur durch Handlungen des Insolvenzverwalters, sondern auch „in anderer Weise durch die Verwaltung der Insolvenzmasse“ begründet werden könnten. Letzteres sei anzunehmen, wenn die Entstehung der Steuerverbindlichkeit ihre Ursache in der (zur Masse gehörenden) Beteiligung des Steuerpflichtigen an der GbR und der daraus entstehenden Teilhabe an deren Ergebnissen habe[10].
An dieser Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof in der Folgezeit festgehalten.
In dem Beschwerdeverfahren in BFH/NV 2015, 470 hat der Bundesfinanzhof entschieden, die Einkünfte aus der Beteiligung des Insolvenzschuldners an Personengesellschaften, die steuerrechtlich in vollem Umfang nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden seien, seien der Masse zuzurechnen. Die sich aus den laufenden Gewinnen ergebende Einkommensteuer sei Masseverbindlichkeit. Unerheblich sei, welche Alternative des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zur Anwendung komme. Zumindest auch durch die Verwaltung der Insolvenzmasse (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO), zu der auch die Beteiligungen gehörten, seien diese Masseverbindlichkeiten begründet worden[11].
Auch in seinem Urteil vom 01.06.2016[12] hat der Bundesfinanzhof keine Änderung der oben genannten Grundsätze vorgenommen.
In jenem Rechtsstreit war der Insolvenzschuldner an einer GbR mit 70 Gesellschaftern beteiligt, deren Gewinnanteile nach Maßgabe der vom jeweiligen Gesellschafter erwirtschafteten Umsätze ermittelt wurden. Aufgrund der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung stand für die Einkommensteuerfestsetzung bindend fest, dass die Einkommensteuern aus Einkünften des Insolvenzschuldners als Mitunternehmer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und nicht etwa aus anderen selbständigen (gewerblichen) oder nichtselbständigen Tätigkeiten herrührten. Hiernach unterscheidet sich jener Sachverhalt bezüglich der mitunternehmerischen Stellung des Insolvenzschuldners nicht von den vorliegenden Gegebenheiten.
Zwar hat der Bundesfinanzhof im Urteil in BFHE 253, 518, BStBl II 2016, 848 ausgeführt, zur Begründung einer Masseverbindlichkeit „in anderer Weise“ genüge ein Unterlassen des Insolvenzverwalters nur, wenn er dadurch eine Amtspflicht zum Tätigwerden verletze. Dementsprechend mache lediglich die Duldung einer (freiberuflichen) Tätigkeit des Insolvenzschuldners durch den Insolvenzverwalter oder dessen bloße Kenntnis die Einkommensteuer, die aufgrund dieser Einkünfte entstehe, nicht zu einer Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
Diese Ausführungen knüpfen aber erkennbar lediglich ‑einzelfallbezogen- an das Vorbringen des klagenden Insolvenzverwalters im finanzgerichtlichen Verfahren an[13], der eine bloße Duldung der Tätigkeit des Insolvenzschuldners behauptet hatte, so dass nach der von ihm zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung zur selbständigen Tätigkeit das Tatbestandsmerkmal des Verwaltens der Insolvenzmasse nicht erfüllt sei. Dieser Behauptung einer bloßen Duldung ist der Bundesfinanzhof entgegengetreten, wobei er zu diesem Zweck lediglich die vom Insolvenzverwalter angeführte Rechtsprechung zur selbständigen Tätigkeit wiederholte bzw. unterstellte. Dabei hob er hervor, dass in der Geltendmachung eines Anspruchs auf Auszahlung der Einkünfte aus der GbR eine Verwaltungshandlung nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO liege. Diese Tätigkeit des Insolvenzverwalters stelle erkennbar mehr als ein bloßes Dulden dar[14].
Dass der Bundesfinanzhof in dem Urteil in BFHE 253, 518, BStBl II 2016, 848 keine Änderung seiner Rechtsprechung vornehmen wollte, wird auch aus seinem nachfolgenden Urteil vom 03.08.2016[15] deutlich, mit dem er die bisherigen Rechtsgrundsätze bestätigt hat. In dieser Entscheidung hat der Bundesfinanzhof die Qualifizierung einer Einkommensteuerschuld als Masseverbindlichkeit erneut allein davon abhängig gemacht, dass die Beteiligung an der Personengesellschaft im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung Teil der verwalteten Insolvenzmasse sei, die an den Ergebnissen der Beteiligung teilhabe; unerheblich sei, ob der Insolvenzverwalter den dem Insolvenzschuldner zuzurechnenden Erlös zur Masse habe ziehen können.
Dass es insoweit keiner ‑über die allgemeine Verwaltung der Insolvenzmasse hinausgehenden- besonderen Verwaltungsmaßnahme bedürfe, ergab sich in jenem Rechtsstreit schon aufgrund des Umstandes, dass der Gesellschafter der Personengesellschaft wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus der unter den übrigen Gesellschaftern fortgesetzten Gesellschaft ausschied und nur noch darüber zu befinden war, ob die Einkommensteuer, die sich aufgrund seines gesellschaftsvertraglichen Auseinandersetzungsguthabens ergab, eine Masseverbindlichkeit darstellte. Dies hat der Bundesfinanzhof mit der Begründung bejaht, zu den Ergebnissen der Beteiligung gehören auch das unmittelbar nach Insolvenzeröffnung angefallene Auseinandersetzungsguthaben und der sich hieraus ergebende Veräußerungsgewinn.
Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wird in der Literatur überwiegend lediglich wiedergegeben und mit dem Hinweis versehen, dass der Insolvenzverwalter angesichts der BFH-Rechtsprechung regelmäßig zu prüfen habe, ob die Freigabe der Beteiligung zur Vermeidung von Masseverbindlichkeiten angezeigt sei[16]. Andere Teile der Literatur sind der Bundesfinanzhofsrechtsprechung ausdrücklich gefolgt und haben diese als gerechtfertigt angesehen[17].
Nach einer differenzierenden Meinung sollen die Wertungen des BFH jedenfalls dann gelten, wenn die Ertragsteuerforderungen gegen einen insolventen Gesellschafter einer Personengesellschaft aus Erträgen des operativen Geschäfts resultieren, die die Personengesellschaft nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters erzielt hat, nicht aber aus der Auflösung vorinstanzlich gebildeter Rückstellungen. In diesem Fall nähmen die Forderungen den Rang von Masseverbindlichkeiten ein, solange der Insolvenzverwalter die Beteiligung an der Personengesellschaft nicht aus der Insolvenzmasse des Gesellschafters freigegeben habe[18].
Schließlich sind die vom Bundesfinanzhof entwickelten Rechtsgrundsätze auch auf Kritik gestoßen. Vor allem wird ‑im Anschluss an das hier angegriffene Finanzgericht, Urteil- eingewandt, dass eine besondere massebezogene Verwaltungsmaßnahme auch dann gegeben sein müsse, wenn diese auf einen zur Insolvenzverwaltung gehörenden Gegenstand gerichtet sei[19].
Der Bundesfinanzhof hält aus folgenden Erwägungen an seiner Rechtsprechung fest:
Da die (treuhänderische) Beteiligung an einer Personengesellschaft in der Insolvenzmasse gebunden ist, kann der (anteilige) Gewinn aus der Personengesellschaft aufgrund der Regelung des § 80 Abs. 1 InsO grundsätzlich nicht dem Insolvenzschuldner (in dessen insolvenzfreies Vermögen) zufließen. Gleichwohl würde der Insolvenzschuldner ‑wäre der Auffassung des Insolvenzverwalters zu folgen- mit der hierauf entfallenden Einkommensteuer belastet. Dieses Ergebnis erscheint nicht sachgerecht.
Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist regelmäßig ein Gleichklang zwischen der Massezugehörigkeit der (treuhänderischen) Beteiligung an einer Personengesellschaft und der damit einhergehenden Steuerbelastung herzustellen. Die Entrichtungspflicht des Insolvenzverwalters für die anteilige Einkommensteuer ordnet die Steuerlast derjenigen Vermögensmasse zu, in deren Bereich sie entstanden ist[20].
Diese Behandlung stellt sich als Gegenstück zur Bundesfinanzhofsrechtsprechung dar, nach welcher der Insolvenzschuldner ‑jedenfalls im Falle selbständiger Betätigung- durch seine steuerrelevante Tätigkeit, die er ohne Wissen und Wollen des Insolvenzverwalters ausübt und bei der keine Erträge zur Masse gelangen, keine Einkommensteuerschulden zulasten der Insolvenzmasse begründen kann[21]. Umgekehrt erscheint es daher zutreffend, wenn der Insolvenzverwalter bei Kenntnis der (treuhänderischen) Beteiligung an einer Personengesellschaft den Insolvenzschuldner nicht mit Einkommensteuern auf solche Gewinnanteile belasten kann, die mangels Freigabe nicht dem insolvenzfreien Vermögen des Insolvenzschuldners zufließen können, sondern der Insolvenzmasse zugehören.
Der Insolvenzverwalter kann daher die Zuordnung der entstandenen Einkommensteuer nicht in einem Schwebezustand halten, indem er weder die Freigabe erklärt noch eine ausdrückliche Verwaltungshandlung nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 InsO vornimmt. Vielmehr muss er die aus der weiteren Massezugehörigkeit der (treuhänderischen) Beteiligung an einer Personengesellschaft erwachsene Einkommensteuer als Verbindlichkeit gegen die Masse gelten lassen und hinnehmen.
Nach diesen Grundsätzen stellen die Einkommensteuerschulden, die sich aus dem Gewinn der B‑KG im Streitjahr ergeben und dem Insolvenzschuldner ‑nach den bindenden Feststellungsbescheiden für 2010- steuerlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zuzurechnen sind, ab dem Zeitpunkt der Kenntnis des Insolvenzverwalters von der Zugehörigkeit der treuhänderischen Beteiligung zur Masse Masseverbindlichkeiten dar. Der Insolvenzverwalter als Insolvenzverwalter hätte zur Vermeidung einer Massebelastung die treuhänderische Beteiligung bzw. die Ansprüche auf Abtretung und Herausgabe durch entsprechende Erklärung gegenüber dem Insolvenzschuldner freigeben können. Die Befugnis des Insolvenzverwalters, einzelne Vermögensbestandteile aus dem Insolvenzbeschlag zu Gunsten des Schuldners freizugeben, ist seit jeher auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung anerkannt[22].
Die vorstehende Beurteilung steht nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung anderer Senate des Bundesfinanzhofs.
Insbesondere weicht sie nicht vom Urteil des III. Senats des Bundesfinanzhofs vom 16.04.2015[23] ab, auf das sich in der Vorinstanz das Finanzgericht Düsseldorf[24] gestützt hat. Denn diese Entscheidung ist zu einer „selbständigen“ (gewerblichen) Tätigkeit ergangen. Demgegenüber ist der Insolvenzschuldner im Streitfall nicht als Einzelunternehmer tätig, sondern nach den insoweit bindenden Feststellungsbescheiden ‑über die Treuhand vermittelt- Mitunternehmer der B‑KG.
Dass die Voraussetzungen für die Qualifizierung als Masseverbindlichkeit bei einer Tätigkeit als Einzelunternehmer und einer solchen als Mitunternehmer einer Personengesellschaft unterschiedlich sind, wird im Übrigen auch aus dem ‑zeitlich nachfolgenden- Urteil des III. Senats des Bundesfinanzhofs in BFHE 251, 102, BStBl II 2016, 251 deutlich. Darin nimmt er selbst eine entsprechende Unterscheidung vor und knüpft ‑für den Fall einer Mitunternehmerstellung des Insolvenzschuldners- ausdrücklich an das BFH-Urteil in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429 an, nach welchem Einkommensteuerschulden, die aus einem zur Masse gehörenden Gesellschaftsanteil an einer GbR resultierten, Masseverbindlichkeiten seien. Der III. Senat führt dabei aus, die in Bezug genommene Entscheidung habe ‑wie vorliegend- einen Fall betroffen, in dem der insolvente Gesellschafter seine gesellschaftsrechtliche Stellung bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens innegehabt habe. Aber auch für den Fall, dass sich ‑sofern zivilrechtlich möglich- eine insolvente Person während des Insolvenzverfahrens auch ohne Freigabe des Gesellschaftsanteils durch den Insolvenzverwalter an einer Personengesellschaft als Gesellschafter beteilige, wäre der neu entstandene Gesellschaftsanteil nicht insolvenzfrei, sondern ebenfalls massezugehörig.
Im Streitfall kommt es auf die Frage, ob sich ein Insolvenzschuldner zivilrechtlich während des Insolvenzverfahrens an einer Personengesellschaft beteiligen kann[25] bzw. ob jedenfalls aufgrund einer steuerrechtlichen Betrachtung bei faktischer Fortführung von einer Beteiligung an einer (neuen) Personengesellschaft auszugehen ist, nicht an, da vorliegend der Insolvenzschuldner nicht unmittelbar Gesellschafter der B‑KG war, so dass zivilrechtlich seine Insolvenz keine Auswirkungen auf den Bestand der B‑KG hatte. Er war lediglich ‑über die Treuhandverträge und die Abtretungsangebote vermittelt- in steuerrechtlicher Hinsicht Mitunternehmer, da ihm der Gewinnanteil der Treuhandkommanditisten zuzurechnen war.
Masseverbindlichkeiten scheiden auch nicht deshalb aus, weil vorliegend der Insolvenzverwalter (bislang) den dem Insolvenzschuldner zugerechneten Gewinnanteil tatsächlich nicht zur Masse ziehen konnte. Im Einklang mit der Rechtsprechung des IV. Senats des Bundesfinanzhofs[26] kommt es hierauf nicht an[27]. Im Übrigen hat das Finanzamt unwidersprochen vorgetragen, der Insolvenzverwalter habe mittlerweile eine Stufenklage gegen die Treuhandkommanditisten erhoben.
Sind in einem Veranlagungszeitraum ‑wie hier- mehrere insolvenzrechtliche Forderungskategorien betroffen, so ist die einheitlich ermittelte Einkommensteuerschuld aufzuteilen. Die Aufteilung der Jahressteuerschuld erfolgt nach dem Verhältnis der auf die jeweiligen Vermögensbereiche entfallenden Einkünfte zueinander, was auch in Ansehung der progressiven Einkommensteuerbelastung sachgerecht ist, weil zur Jahressteuerschuld ununterscheidbar alle Einkommensteile unabhängig von ihrem zeitlichen Anfall beigetragen haben[28].
Dabei steht die Höhe der dem Insolvenzschuldner aus der treuhänderischen Beteiligung an der B‑KG insgesamt zuzurechnenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb aufgrund der bindenden Feststellungsbescheide fest. Diese Einkünfte hat das Finanzamt in nicht zu beanstandender Weise im Wege einer Schätzung nach Zeitanteilen auf der Grundlage eines Kalenderjahres mit 365 Tagen aufgeteilt.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 10. Juli 2019 – X R 31/16
- vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 21.07.2016 – 11 K 423/15 F[↩]
- vgl. z.B. BFH, Urteil vom 16.07.2015 – III R 32/13, BFHE 251, 102, BStBl II 2016, 251, Rz 19[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 251, 102, BStBl II 2016, 251, Rz 16[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, Rz 35[↩]
- ständige Rechtsprechung, so bereits BFH, Urteile vom 16.11.2004 – VII R 75/03, BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193, unter II. 2.; vom 29.08.2007 – IX R 4/07, BFHE 218, 435, BStBl II 2010, 145, unter III. 2.b dd (1), m.w.N., sowie vom 16.05.2013 – IV R 23/11, BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, Rz 19[↩]
- so bereits BFH, Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, Rz 19[↩]
- z.B. § 38 AO i.V.m. § 36 Abs. 1 EStG[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil vom 09.12.2014 – X R 12/12, BFHE 253, 482, BStBl II 2016, 852, Rz 26[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, Rz 37[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, Rz 41 f.[↩]
- vgl. BFH, Beschluss in BFH/NV 2015, 470, Rz 21[↩]
- BFH, Urteil vom 01.06.2016 – X R 26/14, BFHE 253, 518, BStBl II 2016, 848[↩]
- vgl. Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 28.11.2013 – 1 K 159/12, EFG 2014, 1407, Rz 19[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 253, 518, BStBl II 2016, 848, Rz 42[↩]
- BFH, Urteil vom 03.08.2016 – X R 25/14, BFH/NV 2017, 317[↩]
- vgl. Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 251 AO, Rz 72; Bremen in Graf-Schlicker, InsO, 4. Aufl., § 55 Rz 24; Damerius, Betriebs-Berater 2010, 2551; Schmittmann in Karsten Schmidt, InsO, 19. Aufl., Anhang Steuerrecht, Rz 122; Pape/Schaltke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 55 Rz 40 f.; Petersen/Winkelhog in Sonnleitner, Insolvenzrecht unter besonderer Berücksichtigung des Insolvenzplanverfahrens, 2017, Kap. 4 Rz 113[↩]
- vgl. Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl., 2014, S. 169; Hefermehl in Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung, 4. Aufl., § 55 InsO Rz 72; de Weerth, Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht 2010, 677 f.[↩]
- vgl. Roth, Insolvenzrecht, 2. Aufl., Kap. 4 Rz 4.217[↩]
- vgl. Bodden in Korn, § 2 Rz 273.24[↩]
- vgl. auch BFH, Urteil vom 10.02.2015 – IX R 23/14, BFHE 249, 202, BStBl II 2017, 367, Rz 44[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 18.05.2010 – X R 11/09, BFH/NV 2010, 2114, Rz 25 f.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 09.02.2012 – IX ZR 75/11, BGHZ 192, 322, Rz 22[↩]
- BFH, Urteil vom 16.04.2015 – III R 21/11, BFHE 250, 7, BStBl II 2016, 29[↩]
- FG Düsseldorf, Urteil vom 21.07.2016 – 11 K 613/13 E[↩]
- vgl. BFH, Urteile in BFHE 251, 102, BStBl II 2016, 251, Rz 39, und in BFHE 253, 518, BStBl II 2016, 848, Rz 35[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759, Rz 29 f.[↩]
- so schon BFH, Urteil in BFHE 253, 482, BStBl II 2016, 852, Rz 46[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 29.03.1984 – IV R 271/83, BFHE 141, 2, BStBl II 1984, 602, unter 4.; vom 11.11.1993 – XI R 73/92, BFH/NV 1994, 477, unter II. 4.[↩]