Forderungsanmeldung durch Gesamtgläubiger

Aktuell hatte sich der Bundesgerichtshof mit den Anforderungen an die Anmeldung einer Forderung von Gesamtgläubigern zu befassen:

Forderungsanmeldung durch Gesamtgläubiger

Anlaß hierfür bot sich dem Bundesgerichtshof in einem vor 20 Jahren, im August 1998, eröffneten Gesamtvollstreckungsverfahren. Zunächst ist der Bundesgerichtshof davon ausgegangen, dass die Anforderungen an den Inhalt einer Forderungsanmeldung zur Gesamtvollstreckungstabelle denjenigen entsprechen, die § 174 Abs. 2 InsO für die Anmeldung zur Insolvenztabelle normiert. Die Gesamtvollstreckungsordnung enthält selbst keine eigene Regelung hierzu. Lückenfüllend war deshalb zunächst auf § 139 KO und ist nunmehr auf § 174 Abs. 2 InsO zurückzugreifen[1].

Demnach hat der Gläubiger nicht nur den Betrag, sondern auch den Schuldgrund in seiner Anmeldung anzugeben. Eine Forderungsanmeldung, welcher es an der gebotenen Darlegung des Grundes mangelt, ist unwirksam; dieser Mangel kann, weil es an den Mindestanforderungen einer wirksamen Anmeldung fehlt, nur durch eine Neuanmeldung behoben werden[2].

Entgegen der Auffassung des Landgerichts Frankfurt(Oder)[3] und des Brandenburgischen Oberlandesgerichts[4] in der Vorinstanzen war der Grund der von den Klägerinnen angemeldeten Forderung, die Gegenstand des Hilfsantrags Nr. 6 der Klage ist, hinreichend dargetan. Mehr als die Bezugnahme auf den der Forderung zugrundeliegenden Teilvergleich und dessen Beifügung war vorliegend nicht zu fordern.

Der Begriff des Grundes der Forderung entspricht demjenigen in § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, bezeichnet also den Sachverhalt, aus dem die Forderung entspringt. Die Anmeldung ist zum einen Grundlage der Eintragung, aus welcher der Gläubiger nach Aufhebung des Verfahrens die Zwangsvollstreckung betreiben kann (§ 178 Abs. 3, § 201 Abs. 2 InsO). Zum anderen soll die Anmeldung dem Verwalter und den übrigen Gläubigern eine Prüfung des Schuldgrundes ermöglichen. Die Forderung muss daher zur Bestimmung der Reichweite der Rechtskraft eindeutig konkretisiert sein[5].

Diesen Anforderungen genügt die streitgegenständliche Forderungsanmeldung. Sie nennt als Grund der angemeldeten Forderung den Teilvergleich vom 20.12 1997, dieser ist der Anmeldung in Kopie beigefügt. Der Gläubiger kann zur Darlegung seiner Forderung auf beigefügte Unterlagen Bezug nehmen, wenn daraus der Grund der Forderung hervorgeht[6]. So verhält es sich hier. Dem Teilvergleich ist die Verpflichtung der Schuldnerin zur Zahlung von 700.000 DM zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer ebenso zu entnehmen wie die Gesamtgläubigerstellung (§§ 428, 430 BGB) der Klägerinnen, welche sie berechtigt, die Forderung in jeweils voller Höhe zu ihren Gunsten zu beanspruchen. Dieser Gesamtgläubigerstellung der Klägerinnen steht nicht entgegen, dass die Schuldnerin schuldbefreiend nur an den im Vergleich benannten Zahlungsempfänger soll leisten können. Es ist zulässig, dass ein Schuldner mit Gesamtgläubigern vereinbart, er werde nur an einen von ihnen leisten[7]. Auch in diesem Fall ist der Schuldner nicht damit belastet, ermitteln zu müssen, welcher Teil der von ihm geschuldeten Leistung auf die einzelnen Gesamtgläubiger entfällt[8]. Bedenken gegen die Bestimmtheit der Forderungsanmeldung können sich also auch nicht daraus ergeben, dass die Verteilung des geschuldeten Betrages auf die Klägerinnen nach dem Teilvergleich diesen im Innenverhältnis zugewiesen war. Die Pflicht der Schuldnerin zur Leistung des gesamten Betrages wird dadurch nicht berührt. Zweifel daran, welche Zahlungsverpflichtung die Schuldnerin (auch) zugunsten der Klägerinnen eingegangen sein soll, können nicht aufkommen. Damit ist die angemeldete Forderung hinreichend individualisiert. Weitergehende Forderungen, die der Teilvergleich ausdrücklich offen lässt, werden mit der Forderungsanmeldung nicht geltend gemacht.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 5. Juli 2018 – IX ZR 167/15

  1. vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster, GesO, 4. Aufl., § 11 Rn. 46 ff; Smid, GesO, 3. Aufl., § 11 Rn. 16 ff[]
  2. BGH, Urteil vom 22.01.2009 – IX ZR 3/08, NZI 2009, 242 Rn. 17; Münch-Komm-InsO/Riedel, 3. Aufl., § 174 Rn. 26; Jaeger/Gerhardt, InsO, 5. Aufl., § 174 Rn.19[]
  3. LG Frankfurt(Oder), Urteil vom 21.11.2013 – 14 O 7/10[]
  4. OLG Brandenburg, Beschluss vom 30.06.2015 – 12 U 11/14[]
  5. BGH, Urteil vom 22.01.2009, aaO Rn. 10; vom 21.02.2013 – IX ZR 92/12, NZI 2013, 388 Rn. 15; vom 09.01.2014 – IX ZR 103/13, NZI 2014, 127 Rn. 6; Münch-Komm-InsO/Riedel, aaO § 174 Rn. 26; Pape/Schaltke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2018, § 174 Rn. 47[]
  6. BGH, Urteil vom 22.01.2009, aaO Rn. 11; MünchKomm-InsO/Riedel, aaO § 174 Rn. 26; Pape/Schaltke, aaO Rn. 47[]
  7. vgl. BGH, Urteil vom 11.07.1979 – VIII ZR 215/78, NJW 1979, 2038, 2039; BeckOK-BGB/Gehrlein, November 2017, § 428 Rn. 1[]
  8. vgl. BGH, Urteil vom 13.07.1972 – III ZR 107/69, BGHZ 59, 187, 191[]