Die Abtretung des aus einer Insolvenzanfechtung folgenden streitigen Rückgewähranspruchs ist nicht insolvenzzweckwidrig und nichtig, wenn die Masse als Gegenleistung einen Anspruch auf Auskehrung des hälftigen Erlöses des vom Abtretungsempfänger zu führenden Rechtsstreits erhält.

Nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung zur Konkursordnung und zur Insolvenzordnung steht dem Insolvenzverwalter bei der Ausübung seiner Tätigkeit grundsätzlich ein weiter Ermessensspielraum zu. Seine Rechtsmacht ist allerdings durch den Insolvenzzweck (§ 1 InsO) beschränkt. Deshalb sind solche Rechtshandlungen des Verwalters unwirksam, welche dem Zweck des Insolvenzverfahrens – der gleichmäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger – klar und eindeutig zuwiderlaufen; sie verpflichten die Masse nicht.
In der Grundsatzentscheidung vom 25. April 2002 hat der Bundesgerichtshof erwogen, für die Abgrenzung, wann eine Überschreitung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters zur Unwirksamkeit der Rechtshandlung führt, die zum Missbrauch der Vertretungsmacht entwickelten Grundsätze heranzuziehen. Danach ist Voraussetzung für die Unwirksamkeit der Handlung des Verwalters außer einer objektiven Evidenz der Insolvenzzweckwidrigkeit, dass sich dem Geschäftspartner aufgrund der Umstände des Einzelfalls ohne weiteres begründete Zweifel an der Vereinbarkeit der Handlung mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens aufdrängen musste. Mit dem grundsätzlichen Rückgriff auf die Regeln zum Missbrauch der Vertretungsmacht könnte den Interessen an einem hinreichenden Schutz der Masse einerseits und an dem gebotenen Vertrauensschutz des redlichen Geschäftspartners andererseits jeweils in angemessener Weise Rechnung getragen werden. Erste Voraussetzung des Unwirksamkeitsgrundes der Insolvenzzweckwidrigkeit ist jedenfalls der offensichtliche, ohne weiteres erkennbare Verstoß gegen die Aufgaben eines Insolvenzverwalters. Der Schutz des Rechtsverkehrs gebietet es, nicht jede für die Masse nachteilige Rechtshandlung des Verwalters als unwirksam anzusehen. Mit der Nichtigkeitssanktion können deshalb nur solche Maßnahmen belegt werden, die dem Insolvenzzweck offensichtlich zuwider laufen. Beispiele sind Schenkungen aus der Masse, die Anerkennung nicht bestehender Aus- und Absonderungsrechte oder die entgeltliche Ablösung einer offensichtlich wertlosen Grundschuld. Wirksam sind dagegen Verfügungen des Verwalters, die nur unzweckmäßig oder sogar unrichtig sind.
Diese Grundsätze gelten auch im Fall der Abtretung des aus einer Insolvenzanfechtung folgenden Rückgewähranspruchs. Die Abtretung stand nicht im offensichtlichen Widerspruch zum Zweck des Insolvenzverfahrens der GmbH, deren Gläubiger gleichmäßig zu befriedigen. Der Anspruch wurde dem Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH vom hiesigen Kläger streitig gemacht; er wurde (und wird) überdies auch vom hiesigen Beklagten insgesamt bestritten. Die Entscheidung des Verwalters im Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH, dem Kläger die Durchsetzung der Forderung zu überlassen und sich nur eine Erlösbeteiligung vorzubehalten, statt sich sowohl mit dem Kläger als auch mit dem Beklagten streitig auseinanderzusetzen, entbehrt angesichts dessen nicht jeglicher tatsächlicher und rechtlicher Grundlage. Auf mehr kommt es hier nicht an. Sollten dem Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH Fehler bei der Einschätzung der Erfolgsaussichten einer streitigen Auseinandersetzung mit dem Kläger oder eines von ihm selbst geführten Anfechtungsprozess gegen den Beklagten unterlaufen sein, könnte dies – ein Verschulden vorausgesetzt – zu einer Haftung nach § 60 InsO führen, nicht jedoch zu einer Unwirksamkeit der Abtretung wegen Insolvenzzweckwidrigkeit.
Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 10. Januar 2013 – IX ZR 172/11








