Für Ansprüche aus § 130a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 HGB ist gemäß § 29 Abs. 1 ZPO ein Gerichtsstand am Sitz der Gesellschaft begründet.

Ein auf diese Grundlage gestützter Anspruch beruht auf einem Vertragsverhältnis im Sinne von § 29 Abs. 1 ZPO.
Zu den Vertragsverhältnissen im Sinne von § 29 Abs. 1 ZPO gehören nicht durch Gesetz begründete Verpflichtungsverhältnisse, die an eine organschaftliche Sonderbeziehung zwischen einer Gesellschaft und ihrem Geschäftsführer anknüpfen. Diese Voraussetzungen sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfüllt bei einem auf § 43 Abs. 2 GmbHG gestützten Schadensersatzanspruch einer GmbH gegen ihren Geschäftsführer [1].
Für einen auf § 64 Satz 1 GmbHG oder § 130a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 HGB gestützten Anspruch gilt nichts Anderes.
Entgegen dem Wortlaut der Vorschrift statuiert § 130a Abs. 2 Satz 1 HGB allerdings keinen Anspruch auf Schadensersatz im herkömmlichen Sinne. Ebenso wie nach § 64 Satz 1 HGB hat der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin eine nach Eintritt der Insolvenzreife für die Gesellschaft geleistete Zahlung vielmehr auch dann zu ersetzen, wenn der Gesellschaft im Einzelfall keine Vermögenseinbuße entstanden ist [2]. Dies steht in Einklang mit dem Zweck der Vorschriften, der darauf gerichtet ist, die verteilungsfähige Vermögensmasse einer insolvenzreifen Gesellschaft im Interesse der Gesamtheit ihrer Gläubiger zu erhalten und eine zu ihrem Nachteil gehende bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern [3]. Deshalb handelt es sich um einen „Ersatzanspruch eigener Art“ [4].
Entgegen einer in Literatur und Instanzrechtsprechung vertretenen Auffassung [5] sind diese Besonderheiten im Zusammenhang mit § 29 Abs. 1 ZPO jedoch nicht ausschlaggebend. Entscheidende Bedeutung kommt vielmehr dem Rechtsverhältnis zu, aus dem der Anspruch hergeleitet wird [6].
Ein auf § 64 Satz 1 GmbHG oder § 130a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 HGB gestützter Anspruch beruht trotz der aufgezeigten Besonderheiten auf dem organschaftlichen Verhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer. Passivlegitimiert sind nur Personen, die rechtlich oder faktisch [7] als Geschäftsführer fungiert haben. Eine ergänzende Haftung Dritter auf der Grundlage von § 830 BGB scheidet aus, weil es sich gerade nicht um einen Deliktstatbestand handelt [8]. Vor diesem Hintergrund ist ein auf § 64 Abs.1 GmbHG oder § 130a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 HGB gestützter Anspruch aus denselben Gründen wie ein Anspruch aus § 43 Abs. 2 GmbHG als Anspruch aus einem Vertragsverhältnis im Sinne von § 29 Abs. 1 ZPO anzusehen.
Erfüllungsort für den Anspruch ist grundsätzlich der Ort, an dem die Gesellschaft ihren Sitz hat.
Zahlungsverpflichtungen eines Geschäftsführers gegenüber der GmbH sind grundsätzlich am Sitz der Gesellschaft zu erfüllen. Grund hierfür ist die besondere Bindung zwischen den Beteiligten, die anders als bei reinen Austauschgeschäften den Geschäftsführer verpflichtet, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass sich am Betriebssitz die gesamte betriebliche Einrichtung für die Abwicklung von Zahlungen befindet und die Bücher geführt werden [9]. Dies gilt auch für Schadensersatzansprüche aus § 43 Abs. 2 GmbHG [1].
Für Ansprüche aus § 64 Satz 1 GmbHG oder § 130a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 HGB kann auch unter diesem Aspekt nichts Anderes gelten. Für die Beurteilung solcher Ansprüche sind die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft sowie Umfang und Zeitpunkt der geleisteten Zahlungen sogar von besonders großer Bedeutung. Der Umstand, dass der Anspruch in erster Linie den Vermögensinteressen der Gläubiger dient, führt auch insoweit nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 6. August 2019 – X ARZ 317/19
- BGH, Urteil vom 10.02.1992 – II ZR 23/91, NJW-RR 1992, 800, 801[↩][↩]
- BGH, Beschluss vom 05.02.2007 – II ZR 51/06, NJW-RR 2007, 1490 Rn. 7[↩]
- so jeweils zu § 64 GmbHG: BGH, Urteil vom 18.03.1974 – II ZR 2/72, NJW 1974, 1088, 1089; Urteil vom 29.11.1999 – II ZR 273/98, BGHZ 143, 184, 186[↩]
- BGH, Urteil vom 08.01.2001 – II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 278; Beschluss vom 11.02.2008 – II ZR 291/06, NJW-RR 2008, 1066 Rn. 6[↩]
- vgl. etwa Baumbach/Hueck/Haas, GmbHG, 21. Aufl., § 64 Rn. 30; BeckOKGmbHG/Mätzig, 39. Edition, § 64 Rn. 69; LG Frankfurt a.M. NZI 2019, 473[↩]
- ebenso OLG München NZG 2017, 749 und NJW-RR 2019, 292; im Ergebnis auch OLG Düsseldorf GmbHR 2010, 591[↩]
- BGH, Urteil vom 11.07.2005 – II ZR 235/03, NZG 2005, 816[↩]
- so zu § 64 GmbHG: BGH, Beschluss vom 11.02.2008 – II ZR 291/06, NJW-RR 2008, 1066 Rn. 6[↩]
- BGH, Urteil vom 26.11.1984 – II ZR 20/84, NJW 1985, 1286, 1287[↩]