In einem Insolvenzverfahren kann auch Gläubigern mit einem Anteil von weniger als 4 % der angemeldeten und anerkannten Forderungen die Finanzierung des Prozesses des Insolvenzverwalters zumutbar sein. Einen festen Maßstab für die zu erwartende Verbesserung der Quote gibt es hierbei nicht. Maßgeblich ist ein Vergleich des vorzuschießenden Betrags und der möglichen Ergebnisverbesserung in absoluten Beträgen. Voraussetzung für eine Vorschusspflicht ist dabei, dass ein deutlicher Mehrertrag gegenüber den aufzuwendenden Kosten möglich ist.

Nach § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO kommt die Bewilligung der Prozesskostenhilfe an eine Partei kraft Amtes unter anderem dann in Betracht, wenn die Kosten der beabsichtigten Rechtsverfolgung aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen.
Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH sind Vorschüsse auf die Prozesskosten solchen Beteiligten zuzumuten, welche die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und für die der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Verfahrenskostenrisiko angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei dem Erfolg der Rechtsverfolgung deutlich größer sein wird als die von ihnen als Vorschuss aufzubringenden Kosten. Bei dieser wertenden Abwägung sind insbesondere eine zu erwartende Quotenverbesserung im Falle des Obsiegens, das Verfahrens- und Vollstreckungsrisiko und die Gläubigerstruktur zu berücksichtigen.
Das Oberlandesgericht Celle vermag bereits im Ansatz der Auffassung nicht zu folgen, dass Gläubigern mit einem Anteil von weniger als 5 % oder auch nur 4 % der angemeldeten und anerkannten Forderungen von vornherein eine Teilnahme an der Prozessfinanzierung nicht zuzumuten sei. Diese – allerdings auch in der Literatur und teilweise auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung genannte Abgrenzung findet in der Rechtsprechung des BGH – soweit ersichtlich – keine Grundlage und ist auch sonst nicht generell gerechtfertigt. Auch der Entscheidung des BGH lässt sich entgegen der Ansicht des Antragstellers gerade diese genannte Grenze nicht entnehmen. Im Gegenteil ist dort von 26 Gläubigern die Rede, wobei keiner dieser Gläubiger eine geringere Forderung als 10.000 € hat. Dies bedeutet bei den in der dortigen Entscheidung zur Tabelle festgestellten Forderungen von rund 2, 5 Mio. €, dass der BGH offenbar gerade nicht auf eine feste prozentuale Quote der Gläubiger an den festgestellten Insolvenzforderungen abgestellt hat, unterhalb derer einem Gläubiger eine Finanzierung nicht zugemutet werden könne; anderenfalls könnten nicht auch solche Gläubiger zur Finanzierung eines Prozesses herangezogen werden, die (lediglich) eine Forderung von mehr als 10.000 € haben. Auch nach der Entscheidung des 2. Zivilsenats des BGH ist von einer Begrenzung auf Gläubiger mit Forderungen von wenigstens 4 % bis 5 % der festgestellten Forderungen nicht auszugehen, denn dort waren auch bei zur Tabelle festgestellten Forderungen von mehr als 2 Mio. € weitere Gläubiger benannt, deren Forderungen “jeweils mehr als 10.000 €” betrugen, während 4 % der festgestellten Forderungen einen Betrag von wenigstens 80.000 € ergeben würde. Dies bedeutet, dass nach der Rechtsprechung des BGH, der sich das Oberlandesgericht anschließt, gerade nicht von einem feststehenden Prozentsatz ausgegangen werden kann, unterhalb dessen einem Gläubiger schon deshalb die Finanzierung nicht zuzumuten sei. Dies zeigt auch anschaulich der vorliegende Fall, wie auch zahlreiche andere Insolvenzverfahren, in denen der Betrag der zur Tabelle festgestellten Forderungen nicht selten mehrere Mio. € erreicht. Bei einem Prozentsatz von 5 % ergäbe sich bereits bei Insolvenzforderungen von z. B. 2 Mio. € ein Grenzsatz von 100.000 € mit der Folge, dass einem Gläubiger mit einer solchen Forderung von vornherein eine Finanzierung nicht zumutbar sein sollte. Dies kann nicht richtig sein und lässt sich auch gerade den Entscheidungen des BGH nicht entnehmen.
Ausschlaggebend ist danach vielmehr nach den Eingangs gemachten Ausführungen eine wertende Abwägung der zu erwartenden Quotenverbesserung im Falle des Obsiegens, das Verfahrens- und Vollstreckungsrisiko und die Gläubigerstruktur. Dabei sind allein sog. Kleingläubiger von vornherein auszunehmen.
Mit dem OLG München ist das Oberlandesgericht Celle der Auffassung, dass es auch für die zu erwartende Verbesserung der Quote keine feste Vorgabe gibt. Es kommt also nicht darauf an, ob sich z. B. die Quote verdoppelt und es gibt auch keine Mindestquote, um die sich das Ergebnis erhöhen müsste. Solche Festlegungen kann es auch nicht geben, weil die wirtschaftlichen Verhältnisse der Insolvenzverfahren zu unterschiedlich sind. Während in einem Insolvenzverfahren mit geringer Masse eine Quote von 50 % oder eine Quotenverbesserung von 50 % einen Betrag von nur wenigen hundert Euro ausmachen kann, kann in einem großen und massereichen Insolvenzverfahren bereits eine Quote von 1 % einen Betrag von 1 Million € ausmachen. Maßgeblich ist daher ein Vergleich des vorzuschießenden Betrags und der möglichen Ergebnisverbesserung in absoluten Beträgen. Voraussetzung für eine Vorschusspflicht ist dabei, dass ein deutlicher Mehrertrag gegenüber den aufzuwendenden Kosten möglich ist.
Überhaupt kommt es auch in Ansehung der hier vorliegenden Gläubigerstruktur, bei der es sich – mit Ausnahme des Finanzamtes – wohl überwiegend um Kapitalanleger handeln dürfte, die sich von hohen Zinsversprechen in eine risikoreiche Geldanlage haben locken lassen, nur darauf an, ob ihnen die Prozessfinanzierung objektiv nach den oben genannten Kriterien zumutbar ist.
Dabei entspricht es auch der Rechtsprechung des BGH, dass es nach § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO bedeutungslos ist, ob die Gläubiger zur Aufbringung der Prozesskosten bereit sind: “Es entspricht dem Willen des Gesetzgebers, Prozesskostenhilfe in denjenigen Fällen auszuschließen, in welchen hinter der Partei kraft Amtes wirtschaftlich Beteiligte stehen, welche die zur Prozessführung erforderlichen Mittel aufbringen können und denen dies auch zumutbar ist. Wenn diese zur Mitwirkung nicht bereit sind, hat der Rechtsstreit zu unterbleiben”.
Mittlerweile ist schließlich auch höchstrichterlich geklärt, dass der Koordinierungsaufwand für den Antragsteller als Insolvenzverwalter bei hier zu beteiligenden 25 Gläubigern zumutbar ist. Der Koordinierungsaufwand hierfür ist auch nicht besonders hoch und ist von den allgemeinen Aufgaben des Insolvenzverwalters (und seines Honorars) gedeckt. Mit Recht hat der BGH auch darauf hingewiesen, dass im Einzelfall immer noch in Betracht käme, den Insolvenzgläubigern, um deren wirtschaftliche Verbesserung es ja gerade bei dem zu führenden Prozess auch ginge, selbst weitere Koordinierungstätigkeiten zuzumuten.
Unter Abwägung der gesamten Umstände kommt das Oberlandesgericht Celle daher zu dem Ergebnis, dass vorliegend eine Zumutbarkeit für die Gläubiger im Sinne des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu bejahen ist und somit eine Prozessführung mittels von der Allgemeinheit aufzubringenden Mitteln zugunsten der Insolvenzgläubiger und des Insolvenzverwalters auszuscheiden hat.
Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 23. Februar 2015 – 16 W 6/15