Der Insolvenzverwalter ist befugt, den mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens neu beginnenden Geschäftsjahresrhythmus zu ändern. Das kann geschehen durch eine Anmeldung zur Eintragung im Handelsregister, aber auch durch eine sonstige Mitteilung an das Registergericht.

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnt gemäß § 155 Abs. 2 Satz 1 InsO ein neues Geschäftsjahr, wenn nicht ausnahmsweise das Verfahren genau zum Wechsel der Geschäftsjahre eröffnet wird. Das bisher laufende Geschäftsjahr wird dadurch zu einem Rumpfgeschäftsjahr. Da die Dauer eines Geschäftsjahrs nach § 240 Abs. 2 Satz 2 HGB zwölf Monate nicht überschreiten darf, entsteht ein neuer, von der Satzung der Insolvenzschuldnerin abweichender Geschäftsjahresrhythmus. Die Gegenmeinung, die eine automatische Anpassung an das satzungsmäßige Geschäftsjahr annimmt, vermag schon angesichts des Wortlauts des § 155 Abs. 2 Satz 1 InsO nicht zu überzeugen. Im Übrigen ist kein Grund ersichtlich, warum der Insolvenzverwalter gezwungen sein soll, möglicherweise kurz nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erneut einen Jahresabschluss für ein zweites Rumpfgeschäftsjahr aufzustellen.
Der Insolvenzverwalter ist aber befugt, das Geschäftsjahr wieder so festzulegen, wie es in der Satzung der Schuldnerin festgelegt ist. Das kann – wie das Beschwerdegericht ausgeführt hat – sinnvoll sein, um unnötige, mit der dauerhaften Umstellung des Geschäftsjahrs zusammenhängende Kosten zu vermeiden. Diese Entscheidungsbefugnis des Insolvenzverwalters ergibt sich aus seinem Verwaltungsrecht nach § 80 InsO in Verbindung mit § 155 Abs. 1 InsO. Danach hat er in Bezug auf die Insolvenzmasse die sich aus den handelsrechtlichen Buchführungs- und Rechnungslegungsvorschriften ergebenden Pflichten des Insolvenzschuldners zu erfüllen. Zu den ihm mit der Übertragung dieser Pflichterfüllung eingeräumten Befugnissen gehört auch die Entscheidung über eine Umstellung des Geschäftsjahrs. Diese ist nur möglich für einen Zeitraum nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Eine nachträgliche Umstellung auf einen früheren Zeitpunkt würde gegen § 155 Abs. 2 Satz 1 InsO verstoßen. Denn danach beginnt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein neues Geschäftsjahr.
Die Entscheidung des Insolvenzverwalters, wieder zu dem für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltenden Geschäftsjahresrhythmus zurückzukehren, ist keine Satzungsänderung, auch wenn das Geschäftsjahr – wie hier – in der Satzung vorgegeben ist. Denn damit wird lediglich die Festlegung in der Satzung, die mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch § 155 Abs. 2 Satz 1 InsO außer Kraft gesetzt worden ist, wieder zur Anwendung gebracht. Der Insolvenzverwalter muss dafür auch nicht einen Gesellschafterbeschluss mit einfacher Mehrheit herbeiführen. Denn die Gesellschafter werden von der Rückführung des Geschäftsjahresrhythmus nicht in ihren Rechten beeinträchtigt. Es wird lediglich der Zustand wiederhergestellt, der vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestand.
Die Entscheidung des Insolvenzverwalters, das Geschäftsjahr zu ändern, muss nach außen erkennbar werden, und zwar jedenfalls noch während des ersten laufenden Geschäftsjahrs nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das kann durch eine Anmeldung zur Eintragung im Handelsregister geschehen, aber auch durch eine sonstige Mitteilung an das Registergericht. Erst damit entsteht für den Insolvenzverwalter die Pflicht, die Jahresabschlüsse jeweils zum Ende des geänderten Geschäftsjahrs aufzustellen.
Für den Fall einer Veränderung des Geschäftsjahrs durch Satzungsänderung ist anerkannt, dass die dafür nach § 54 Abs. 3 GmbHG erforderliche Handelsregistereintragung konstitutiv ist, also nur ex nunc wirkt. Für die Entscheidung des Insolvenzverwalters, zu dem bisherigen Geschäftsjahr zurückzukehren, gilt § 54 Abs. 3 GmbHG dagegen nicht unmittelbar, weil diese Entscheidung – wie dargelegt – keine Satzungsänderung ist. Auch eine analoge Anwendung des § 54 Abs. 3 GmbHG scheidet jedenfalls in Bezug auf das erste laufende Geschäftsjahr nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus.
Zwar ist wegen des Grundsatzes der Registerwahrheit zu verlangen, dass der Insolvenzverwalter seine Entscheidung nicht nur dem Registergericht mitteilt, sondern sie auch im Handelsregister eintragen lässt. Denn das Register, in dem – nur – ein Insolvenzvermerk eingetragen ist, gibt damit zunächst die falsche Auskunft, dass das Geschäftsjahr jeweils mit dem Datum und der Uhrzeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnt.
Für eine Analogie zu § 54 Abs. 3 GmbHG in dem Sinne, dass die Eintragung des Geschäftsjahreswechsels jedenfalls auch in Bezug auf das erste laufende Geschäftsjahr nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens konstitutiv wäre, fehlt es dagegen an einer planwidrigen Regelungslücke.
Eine solche Regelungslücke besteht nur dann, wenn sich die Regelungsabsicht des Gesetzes in einer bestimmten Fallgestaltung nur unvollständig verwirklicht. Das ist hier nicht der Fall. Die gesetzliche Anordnung, dass eine Änderung des Geschäftsjahrs in Form einer Satzungsänderung nur mit der Eintragung ex nunc wirksam werden kann, soll der Gefahr vorbeugen, dass die Zeitpunkte, zu denen Jahresabschlüsse zu erstellen sind, durch manipulative Eintragungen beliebig verändert werden können und so durch Ausschüttung von künstlich erzeugten Gewinnen die Kapitalerhaltungsvorschriften verletzt werden. Ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet, besteht diese Gefahr nicht mehr. Während des Insolvenzverfahrens werden keine Gewinne an die Gesellschafter ausgeschüttet, selbst wenn Gewinne entstanden sein sollten. Vielmehr werden vom Insolvenzverwalter vorrangig die Gläubiger befriedigt. Die Gesellschafter haben keinen Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen.
Selbst wenn das Insolvenzverfahren aufgehoben wird, bevor die Änderung des Geschäftsjahrs im Handelsregister eingetragen ist, und die Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft beschließen, besteht keine Missbrauchsgefahr. Denn mit Beendigung des Insolvenzverfahrens muss der Insolvenzverwalter eine Schlussbilanz aufstellen, durch die sich wiederum ein Rumpfgeschäftsjahr bildet. Nach Auffassung des Hauptfachausschusses des IDW entsteht nach Beendigung des Insolvenzverfahrens automatisch ein weiteres Rumpfgeschäftsjahr bis zu dem Beginn des in der Satzung vorgesehenen Geschäftsjahrs. Ob dem zu folgen ist, kann offen bleiben. Verlangt man abweichend davon ein Tätigwerden der Gesellschafter, um zu der satzungsmäßigen Regelung – Geschäftsjahr gleich Kalenderjahr – zurückzukehren, müssen die Gesellschafter einen entsprechenden Beschluss fassen und diesen Beschluss im Handelsregister eintragen lassen. Ob diese Eintragung eine Satzungsänderung ist und damit der direkten Anwendung des § 54 GmbHG unterliegt, kann ebenfalls offen bleiben. Denn jedenfalls entfaltet eine solche Eintragung in entsprechender Anwendung des § 54 Abs. 3 GmbHG eine Wirkung nur ex nunc. Allein dadurch kann der Gesetzeszweck des § 54 Abs. 3 GmbHG – u.a. Manipulationen bei der Aufstellung der Jahresabschlüsse zu vermeiden – erreicht werden. Nach beiden Rechtsauffassungen haben die Gesellschafter somit nicht die Möglichkeit, das Geschäftsjahr rückwirkend zu verändern.
Auch die zwingenden bilanzrechtlichen Vorschriften der §§ 264, 325 HGB stehen diesem Ergebnis nicht entgegen.
An der Pflicht, die Jahresabschlüsse für den Insolvenzschuldner innerhalb der gesetzlichen Fristen aufzustellen und gegebenenfalls zu veröffentlichen, ändert sich dadurch nichts. Soweit diese Pflicht nach § 155 Abs. 1 Satz 2 InsO dem Insolvenzverwalter obliegt, hat er darauf zu achten, dass die Fristen, insbesondere für die Offenlegung des Jahresabschlusses, eingehalten werden. Auch insoweit wird er überwacht durch das Insolvenzgericht und gegebenenfalls den Gläubigerausschuss.
Im Übrigen wird der Gesetzeszweck der §§ 325 ff. HGB, die Funktionsfähigkeit des Marktes und die Individualinteressen seiner Teilnehmer zu schützen, im Insolvenzverfahren vorrangig dadurch erreicht, dass die Insolvenzreife der Gesellschaft offenkundig gemacht und die Gläubigerinteressen durch die Vorschriften der Insolvenzordnung geschützt werden. Deshalb hat die Offenlegung der Jahresabschlüsse während des Insolvenzverfahrens nur noch eine untergeordnete Bedeutung.
Damit ist dem Interesse des Insolvenzverwalters, aus Kostengründen sogleich wieder zu dem in der Satzung vorgesehenen Geschäftsjahr zurückzukehren, der Vorrang vor einer einschränkungslosen Durchsetzung des Prinzips der Registerwahrheit einzuräumen. Da der Insolvenzverwalter seine Entscheidung nicht schon vor dem Ende des durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehenden zweiten Rumpfgeschäftsjahrs treffen muss – was ihn je nach dem Zeitpunkt der Eröffnung in Zeitnot bringen könnte , sondern damit bis zum Ende des durch § 155 Abs. 2 Satz 1 InsO ausgelösten ersten laufenden Geschäftsjahrs warten kann, hat er ausreichend Zeit, die Entscheidung vorzubereiten.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14. Oktober 2014 – II ZB 20/13