In einem größeren Insolvenzverfahren ist der regelmäßig anfallende Mehraufwand des Insolvenzverwalters im Grundsatz bereits dadurch abgegolten, dass die größere Vermögensmasse zu einer höheren Vergütung führt.

Die Bemessung von Zu- und Abschlägen ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Sie ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf zu überprüfen, ob sie die Gefahr der Verschiebung von Maßstäben mit sich bringt[1].
Dem Umfang und der Schwierigkeit der Geschäftsführung des Verwalters wird gemäß § 63 Abs. 1 Satz 3 InsO durch Abweichungen vom Regelsatz Rechnung getragen. § 3 InsVV konkretisiert diese gesetzlichen Vorgaben beispielhaft durch Zu- und Abschlagstatbestände. Maßgebend ist, ob die Bearbeitung den Insolvenzverwalter stärker oder schwächer als in entsprechenden Insolvenzverfahren allgemein üblich in Anspruch genommen hat, also der real gestiegene oder gefallene Arbeitsaufwand. Das Insolvenzgericht hat bei der Festsetzung der Vergütung die in Betracht kommenden Tatbestände im Einzelnen zu überprüfen und zu beurteilen. Einer Bewertung der Höhe jedes einzelnen Zu- oder Abschlags bedarf es nicht. Es genügt, wenn der Tatrichter die möglichen Zu- und Abschlagstatbestände dem Grunde nach prüft und anschließend in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung von Überschneidungen und einer auf das Ganze bezogenen Angemessenheitsbetrachtung den Gesamtzuschlag oder Gesamtabschlag bestimmt[2].
Eine Mehrbelastung des Insolvenzverwalters kann nicht nur auftreten, wenn der Schuldner sich seinen Mitwirkungspflichten nach § 97 InsO durch obstruktives Verhalten entzieht, sondern auch dann, wenn die bisherigen Organe des Schuldners ausgeschieden und von ihnen keine Informationen mehr zu erhalten sind, der neue Geschäftsführer keine Kenntnisse hat, auf Kenntnisse der Beschäftigten nicht zurückgegriffen werden kann und eine ausreichende Information anhand der Geschäftsunterlagen nicht möglich ist[3].
Ebenfalls zutreffend wurde im hier entschiedenen Fall ein weiterer Zuschlag für den vom Insolvenzverwalter zusammengefassten Gesichtspunkt „komplexes Debitorenmanagement/erschwerten Forderungseinzug aufgrund komplexer Rechtsbeziehungen/erheblichen Arbeitsaufwand durch Betreuung und Quantität der Gläubigergemeinschaft“ gewährt. Es ist hierbei nicht zu beanstanden, dass das Insolvenzgericht bei der Bemessung des Zuschlags im Einzelnen auch die sich in der höheren Berechnungsgrundlage für die Regelvergütung niederschlagende Größe des Insolvenzverfahrens berücksichtigt hat.
Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass in einem größeren Insolvenzverfahren der regelmäßig anfallende Mehraufwand des Insolvenzverwalters im Grundsatz bereits dadurch abgegolten ist, dass die größere Vermögensmasse zu einer höheren Vergütung führt. Zuschläge für einen quantitativ höheren Aufwand setzen daher die Darlegung voraus, dass der tatsächlich erforderliche Aufwand erheblich über dem bei vergleichbaren Massen Üblichen liegt[4].
Dabei steht der Berücksichtigung der Höhe der Berechnungsgrundlage bei der Bemessung der Zuschläge im Einzelfall der Grundsatz der Querfinanzierung nicht entgegen. Dieser enthält die Grundannahme, dass ein Verwalter aufgrund des pauschalierten Vergütungssystems der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung für die Abwicklung eines Verfahrens eine Vergütung erhält, die dem tatsächlichen Aufwand im konkreten Verfahren nahe kommen, ihn in anderen – massereichen – Verfahren deutlich überschreiten und in anderen – massearmen – Verfahren auch deutlich unterschreiten kann. Die in § 3 InsVV vorgesehenen Möglichkeiten, von den Regelsätzen des § 2 InsVV abzuweichen, beziehen sich demgegenüber auf besondere tätigkeitsbezogene Umstände des konkreten Verfahrens. Sie dienen nicht dazu, dem Verwalter in massereichen Verfahren zusätzlich zu der in § 2 InsVV vorgesehenen höheren Vergütung weitere Zuschläge zu gewähren, die nicht durch einen besonderen zusätzlichen Aufwand veranlasst sind[5].
Damit steht in Einklang, dass das Insolvenzgericht gemessen an der Anzahl der regelmäßig bei vergleichbar großen Insolvenzverfahren einzuziehenden Forderungen eines Schuldners bei hier nur elf tatsächlich betroffenen Debitoren einen Zuschlag für ein „komplexes Debitorenmanagement“ abgelehnt hat. Es hat hiermit dem Umstand Rechnung getragen, dass der Einzug von Forderungen des Schuldners grundsätzlich zu den Regelaufgaben des Insolvenzverwalters gehört und eine Erhöhung der Regelvergütung durch einen Zuschlag nur dann in Betracht kommen kann, wenn der quantitative oder qualitative Arbeitsaufwand des Insolvenzverwalters wegen Vorliegens besonderer Umstände signifikant höher ausfällt als in entsprechenden Insolvenzverfahren allgemein üblich[6]. Anhaltspunkte dafür, dass das Gericht im Grundsatz verkannt hätte, dass ein Zuschlag auch dann gerechtfertigt sein kann, wenn Regelaufgaben des Insolvenzverwalters sich im Einzelfall als qualitativ besonders aufwendig darstellen, bestehen nicht.
Auch die Erwägungen des in der Vorinstanz tätigen Landgerichts Münster in seiner Beschwerdeentscheidung[7] zur Gewichtung des Zuschlags für einen „erheblichen Arbeitsaufwand durch Betreuung und Quantität der Gläubigergemeinschaft“ sind danach nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann wegen einer außergewöhnlich hohen Gläubigerzahl ein Zuschlag zu gewähren sein. Einen festen Grenzwert gibt es jedoch nicht. Entscheidend ist auch hier, ob die Bearbeitung den Insolvenzverwalter stärker als in entsprechenden Insolvenzverfahren üblich in Anspruch genommen hat[8]. Das Landgerichts Münster ist aufgrund der Anzahl der anmeldenden Gläubiger (334) und ihrer festgestellten und auch bestrittenen Forderungen sowie der Anzahl der Gläubiger, die Eingang in das Schlussverzeichnis gefunden haben (283), mit dem Insolvenzverwalter davon ausgegangen, dass ein erhöhter Arbeitsaufwand vorlag, der einen Zuschlag zur Regelvergütung rechtfertigt. Es hat lediglich bei der Bemessung der Höhe des Zuschlags den Umstand berücksichtigt, dass bei größeren Insolvenzverfahren regelmäßig ein quantitativ höherer Aufwand bei der Betreuung der Gläubigergemeinschaft für den Verwalter anfällt, und daher der von dem Insolvenzverwalter genannten Anzahl der anmeldenden Gläubiger und der im Schlussverzeichnis berücksichtigten Gläubiger ein geringeres Gewicht beigemessen.
Das Landgericht Münster hat dabei die Höhe der Berechnungsgrundlage auch nicht dadurch doppelt berücksichtigt, dass es zunächst insgesamt die Gewährung von Zuschlägen auf die Höhe der Berechnungsgrundlage bezogen und diesen Umstand sodann nochmals bei der Frage der Zuschlagswürdigkeit der Erschwernisse im Zusammenhang mit dem Forderungseinzug sowie der Betreuung der Gläubigergemeinschaft angeführt hätte. Es hat vielmehr seine allgemeinen Erwägungen zur Berücksichtigung der Berechnungsgrundlage bei der Bemessung der Zuschläge vorangestellt und diese dann bezogen auf die einzelnen Zuschlagstatbestände – nur einmal – angewandt.
Schließlich begegnet es für den Bundesgerichtshof keinen Bedenken, dass das Landgerichts Münster bei der Bemessung der Höhe des Zuschlags unter dem Gesichtspunkt des „erschwerten Forderungseinzugs aufgrund komplexer Rechtsbeziehungen“ dem Umstand, dass der Insolvenzverwalter nicht auf die Expertise des früheren Geschäftsführers habe zurückgreifen können, kein zusätzliches Gewicht beigemessen hat. Die Rechtsbeschwerde übersieht, dass das Landgerichts Münster einen Zuschlag für die in dem Antrag des Insolvenzverwalters näher beschriebenen Erschwernisse grundsätzlich für berechtigt erachtet hat. Lediglich bei der Bemessung der Höhe des Zuschlags hat es die Erschwernisse bei der diesbezüglichen Informationsbeschaffung aufgrund des Verhaltens des früheren Geschäftsführers nicht nochmals berücksichtigt, nachdem es hierfür bereits allgemein einen Zuschlag in dem vom Insolvenzverwalter insoweit beantragten Umfang für berechtigt erachtet hat. Hierbei hat das Landgerichts Münster nicht nur berücksichtigt, dass dem Insolvenzverwalter von dem früheren Geschäftsführer keine Informationen zur Verfügung gestellt wurden, sondern dass dieser zudem aktiv die Insolvenzverwaltung zu stören suchte.
Einen weiteren Zuschlag hat das Landgerichts Münster für „komplexe Rechtsstreitigkeiten/überobligatorischen Arbeitsaufwand in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht/Haftungsansprüche aus Insolvenzanfechtung und Geschäftsführerhaftung“ gewährt, wobei es bei der Bemessung der Höhe des Zuschlags berücksichtigt hat, dass die erfolgreich durchgeführten Rechtsstreitigkeiten zu einer Massemehrung und dadurch zu einer um rund 16.000 € höheren Regelvergütung des Insolvenzverwalters geführt haben.
Schließlich hat das Landgerichts Münster ohne Verschiebung der Maßstäbe im Rahmen der Gesamtabwägung aller Umstände berücksichtigt, dass der Insolvenzverwalter bereits zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden war und als solcher eigenen Angaben zufolge insbesondere die Inventarisierung der Betriebs- und Geschäftsausstattung an den bereits eingestellten Baustellen vorgenommen und durch Rückfragen bei Arbeitnehmern, Drittschuldnern und Gläubigern trotz ungeordneter Buchführung ein aussagekräftiges Zahlenwerk zusammengestellt hatte.
Nach § 3 Abs. 2 Buchst. a InsVV ist ein Zurückbleiben hinter dem Regelsatz gerechtfertigt, wenn ein vorläufiger Insolvenzverwalter im Verfahren tätig war. Diese Vorschrift geht davon aus, dass die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters – wenn er pflichtgemäß tätig geworden ist – dem Insolvenzverwalter erhebliche Arbeiten ersparen kann[9]. Daher obliegt dem Insolvenzverwalter darzulegen, aus welchen Gründen dies im Einzelfall nicht zutrifft und die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters für ihn keine erhebliche Arbeitserleichterung bewirkt hat[10].
Der pauschale Einwand des Insolvenzverwalters, seine eigene Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter habe seine nachfolgende Tätigkeit als Insolvenzverwalter nicht erheblich erleichtert, weil sie darauf ausgelegt gewesen sei, das schuldnerische Vermögen zu sichern, greift nicht durch. Er lässt sich insbesondere nicht mit dem eigenen Vortrag des Insolvenzverwalters zur Begründung seines Vergütungsantrags als vorläufiger Insolvenzverwalter in Einklang bringen, wonach er die ungeordnete Buchhaltung der Schuldnerin während der vorläufigen Insolvenzverwaltung durch eine Vielzahl von Rückfragen bei Arbeitnehmern, Drittschuldnern und Gläubigern aufbereitet habe.
Das Landgerichts Münster war auch nicht dadurch an der Berücksichtigung der vorläufigen Insolvenzverwaltung im Rahmen der Gesamtabwägung gehindert, dass der Insolvenzverwalter in seinem Vergütungsantrag bereits seinerseits einen Abschlag von 20 % für die vorläufige Insolvenzverwaltung vorgesehen hatte. Weder muss das Landgerichts Münster jeden einzelnen Zu- oder Abschlag der Höhe nach bewerten, noch ist es an die in dem Vergütungsantrag des Insolvenzverwalters genannten Beträge gebunden oder muss diese zum Ausgangspunkt seiner eigenen Bemessung machen.
Eine doppelte Berücksichtigung der vorläufigen Insolvenzverwaltung im Rahmen der Zuschlagsbemessung durch das Landgerichts Münster liegt jedenfalls nicht vor.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29. April 2021 – IX ZB 58/19
- st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 22.06.2017 – IX ZB 65/15, ZInsO 2017, 1694 Rn. 6 mwN[↩]
- st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 14.02.2019 – IX ZB 25/17, WM 2019, 548 Rn. 14 mwN[↩]
- BGH, Beschluss vom 21.09.2017 – IX ZB 84/16, ZIP 2017, 2018 Rn. 23[↩]
- BGH, Beschluss vom 21.09.2017 – IX ZB 28/14, ZIP 2017, 2063 Rn. 24 zum vorläufigen Insolvenzverwalter[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 15.01.2004 – IX ZB 96/03, BGHZ 157, 282, 289[↩]
- st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 22.06.2017 – IX ZB 65/15, ZInsO 2017, 1694 Rn. 7 mwN; s. auch Haarmeyer/Mock, InsVV, 6. Aufl., § 3 Rn. 74, 76; Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren, 5. Aufl., Teil A § 5 Rn. 90[↩]
- LG Münster, Beschluss vom 23.09.2019 – 5 T 286/19[↩]
- BGH, Beschluss vom 22.06.2017, aaO Rn. 11[↩]
- BGH, Beschluss vom 11.05.2006 – IX ZB 249/04, ZIP 2006, 1204 Rn. 22, 25 mwN[↩]
- BGH, Beschluss vom 11.05.2006, aaO Rn. 25[↩]