Sieht der Treuhänder im Fall eines abhängig beschäftigten Schuldners von der gesetzlich gebotenen Offenlegung der Abtretungsanzeige gegenüber dessen Arbeitgeber ab, hat er die vom Schuldner abzuführenden Beträge eigenverantwortlich zu berechnen und monatlich einzuziehen.

Die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Schuldner in der Wohlverhaltensphase die von ihm zu erbringenden Zahlungen an den Treuhänder leisten muss, stellt sich nur für den Schuldner, der eine selbständige Tätigkeit ausübt (§ 295 Abs. 2 InsO). Diesem obliegt es, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Ob er diese Zahlungen innerhalb bestimmter Zeiträume leisten muss, oder ob er lediglich dafür zu sorgen hat, dass am Ende der Wohlverhaltensphase der Betrag zur Verfügung steht, den er insgesamt abzuführen hat, ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bislang nicht entschieden. Vorliegend geht es aber nicht um einen wirtschaftlich selbständigen Schuldner. Vielmehr geht der Schuldner einer abhängigen Beschäftigung nach. Für ihn gilt § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Er darf dem Treuhänder keine von der Abtretungserklärung erfassten Bezüge verheimlichen.
Nach § 292 Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO ist der Treuhänder verpflichtet, den zur Zahlung der Bezüge Verpflichteten über die Abtretung zu unterrichten und die Beträge, die er durch die Abtretung erlangt, und sonstige Leistungen des Schuldners oder Dritter von seinem Vermögen getrennt zu halten und einmal jährlich aufgrund des Schlussverzeichnisses an die Insolvenzgläubiger zu verteilen.
Von dieser Verpflichtung ist der Treuhänder abgewichen, indem er im Einvernehmen mit dem Schuldner von der Vorlage der Abtretungserklärung bei dessen Arbeitgeber abgesehen hat. Diese möglicherweise letztlich nicht unbedenkliche Vorgehensweise entbindet den Schuldner jedenfalls nicht davon, monatlich die Beträge an den Treuhänder abzuführen, die im Fall der Unterrichtung des Arbeitgebers von der Abtretungserklärung vom Arbeitgeber abzuführen gewesen wären. Den Treuhänder trifft daher die Pflicht, die vom Schuldner monatlich abzuführenden Beträge anhand der jeweils zu aktualisierenden Angaben des Schuldners nach Maßgabe der §§ 850 ff ZPO zu ermitteln und vom Schuldner einzufordern. Zahlungen zu beliebigen Zeitpunkten darf der Treuhänder dem Schuldner nicht gestatten.
Dieser Pflicht hat der Treuhänder vorliegend nicht genügt. Hätte er die vom Schuldner abzuführenden Beträge anstelle des Arbeitgebers des Schuldners regelmäßig berechnet, wie es seine Aufgabe war, nachdem er die Abtretungserklärung dem Arbeitgeber nicht vorgelegt hat, hätte sich nicht eine Nachforderung von mehr als 15.000 € für den Zeitraum Mai 2008 bis April 2009 ergeben dürfen. Diese Nachforderung erfasst zudem nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts nicht einmal den vollen vom Schuldner abzuführenden Betrag, weil der Treuhänder es unterlassen hat, die vom Arbeitgeber des Schuldners zur Verfügung gestellten “geldwerten Leistungen” zu berechnen.
Allerdings kann dem Schuldner die Restschuldbefreiung aufgrund der fehlerhaften Verfahrensweise des Treuhänders nicht versagt werden, weil der Schuldner die vom Treuhänder berechneten Beträge an den Treuhänder abgeführt hat. Insoweit ist es im Rahmen der Anwendung des § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO unerheblich, ob der Schuldner die nach der Gesetzeslage von ihm zu entrichtenden Beträge gezahlt hat. Nach § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO führt nur das “Verheimlichen” von Bezügen, die von der Abtretungserklärung erfasst werden, zur Versagung der Restschuldbefreiung. Berechnet der Treuhänder dagegen die abzuführenden Beträge fehlerhaft, obwohl er durch den Schuldner zutreffend und vollständig informiert worden ist, hat das Zurückbleiben der Zahlungen des Schuldners hinter den bei zutreffender Berechnung geschuldeten Beträge für die Versagung der Restschuldbefreiung mangels Verletzung einer Obliegenheit des Schuldners keine Bedeutung. Soweit kein kollusives Zusammenwirken vorliegt, können sich allenfalls Nachforderungsansprüche gegen den Schuldner oder Schadensersatzansprüche gegen den Treuhänder bei pflichtwidriger Berechnung der vom Schuldner abzuführenden Beträge ergeben.
Die Gläubigerin macht aber mit Recht geltend, das Beschwerdegericht habe ihren Vortrag zum Verheimlichen von Bezügen übergangen. Es hat sich nicht damit auseinandergesetzt, dass der Treuhänder danach trotz regelmäßiger Erhöhung der Nettobezüge des Schuldners auf bis zu 5.138,56 € ab Januar 2009 noch im Juni 2009 von einem Nettogehalt von 3.800 € ausgegangen ist und eine Nachberechnung der vom Schuldner abzuführenden Beträge erst im Oktober 2009 vorgenommen hat, nachdem der Versagungsantrag der Gläubigerin bereits gestellt worden war. Wäre es zutreffend, dass der Schuldner den Treuhänder entsprechend seinen Verpflichtungen aus § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO tatsächlich fortlaufend zeitnah über seine erhöhten Nettobezüge unterrichtet hat, wäre das Schreiben des Treuhänders vom Juni 2009 – gleiches gilt für das Schreiben des Treuhänders vom 6. April 2009 – und die erst im Oktober 2009 erfolgte Nachberechnung nicht zu erklären. Wann die Unterrichtung des Treuhänders über die erhöhten Nettobezüge tatsächlich erfolgt ist, hat das Beschwerdegericht nicht ermittelt.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 7. April 2011 – IX ZB 40/10







