Bei der Beurteilung, ob das Schuldnervermögen zur Kostendeckung ausreicht, können auch Steuererstattungsansprüche von Bedeutung sein.

Die Kehrseite: Ist ein Lohnsteuerjahresausgleich nicht von vornherein aussichtslos, kann eine Verfahrenskostenstundung ausgeschlossen sein, weil der Schuldner nicht nachgewiesen hat, dass sein Vermögen zur Deckung der Verfahrenskosten voraussichtlich nicht ausreicht. Denn dem Schuldner ist es zuzumuten, ein entsprechendes Erstattungsverfahren durchzuführen.
Ein Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten nach § 4a InsO kann nur dann Erfolg haben, wenn der Schuldner dem Insolvenzgericht sämtliche Angaben macht, die dieses zur Beurteilung benötigt, ob das Schuldnervermögen zur Kostendeckung nicht ausreichen wird. Die Fragestellung, über die das Gericht zu entscheiden hat, entspricht derjenigen des § 26 Abs. 1 Satz 1 InsO. Aus § 20 Abs. 1 Satz 1 InsO folgt, dass der Schuldner dem Insolvenzgericht im Eröffnungsverfahren umfassende Auskünfte über seine Vermögensverhältnisse zu erteilen, insbesondere ein Verzeichnis seiner Gläubiger und Schuldner vorzulegen und eine geordnete Übersicht seiner Vermögensgegenstände einzureichen hat. Die Anforderungen an die Begründung eines Stundungsantrags sind an diesem Maßstab auszurichten. Der Schuldner muss daher nachvollziehbar darlegen, dass sein Vermögen voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die anfallenden Kosten zu decken.
Im vorliegenden, vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hat der Schuldner eingeräumt, dass ihm bei Abgabe von Einkommensteuererklärungen Steuererstattungsansprüche zustünden, ohne sich zu deren Höhe näher einzulassen. Damit hat er nicht dargetan, dass sein Vermögen voraussichtlich nicht ausreichen wird, die Kosten des Verfahrens zu decken.
Bei der Prüfung der Frage, ob das Schuldnervermögen zur Kostendeckung ausreicht, sind, so der Bundesgerichtshof, auch die dem Schuldner zustehenden Steuererstattungsansprüche von Bedeutung.
Zwar ist nach den vom Bundesgerichtshof zu § 4a Abs. 1 Satz 1 InsO aufgestellten Grundsätzen der Schuldner grundsätzlich nicht verpflichtet, Rücklagen für die zu erwartenden Kosten eines Insolvenzverfahrens über sein Vermögen zu bilden. Hierauf vermag sich der Schuldner aber nicht zu berufen. Hat der Schuldner seine Einkünfte verbraucht, ohne Rücklagen zu bilden, so ist sein gegenwärtiges Vermögen nicht mehr ausreichend, um die Verfahrenskosten zu decken. Der Verbrauch kann nur unter dem Gesichtspunkt der Verschwendung Bedeutung gewinnen (§ 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO). Vorliegend geht es aber nicht um die Frage der vorsorglichen Bildung von Rücklagen, sondern um das gegenwärtige Vermögen des Schuldners, zu dem die Erstattungsansprüche schon jetzt gehören. Die Erstattungsansprüche waren bereits vor dem Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden.
Der Umstand, dass die Erstattungsansprüche mangels Festsetzung noch nicht fällig werden konnten (vgl. § 122 Abs. 2 Nr. 1, § 124 Abs. 1 Satz 1, § 218 Abs. 1 AO), steht einer Berücksichtigung dieser Ansprüche im Rahmen der Prüfung des Schuldnervermögens nicht entgegen.
Hinsichtlich der Beurteilung des Vermögens des Schuldners ist anerkannt, dass dieser gehalten sein kann, kurzfristige Möglichkeiten zur Verbesserung der Vermögenslage auszunutzen. So kann er etwa darauf verwiesen werden, durch den Wechsel der Steuerklasse sein liquides Vermögen zu erhöhen. Ferner können in die gerichtliche Prüfung auch Ansprüche des Schuldners gegen Dritte einbezogen werden, wenn diese kurzfristig zu realisieren sind. Im Regelfall ist hierbei auf die Fälligkeit des Anspruchs abzustellen. Dies gilt aber dann nicht, wenn der Schuldner, wie vorliegend gegeben, davon absieht, die lediglich von seinem Handeln abhängige Fälligkeit herbeizuführen (§ 162 BGB). Daher kann dem Schuldner im Rahmen der Vermögensprüfung entgegen gehalten werden, bislang die ihm zustehenden Steuererstattungsansprüche nicht geltend gemacht zu haben.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 8. Juni 2010 – IX ZB 156/08